Krimis schreiben heißt, LeserInnen auf die falsche Fährte zu locken, Andeutungen zu machen, damit mitgefiebert werden kann, um dann pointiert zu überraschen: Spannung, Nervenkitzel, Angst. Bennet Bialojahn wollte mit seinem neuesten Krimi Menschen die Angst nehmen. Angst, die es in der Gesellschaft noch immer vor dem gibt, was nicht ins Raster einer heteronormativen Geschlechterordnung passt. Am 18. Juli las er im Duisburger Djäzz einige Passagen aus „Trans*Later“. Sein neuester Kriminalroman streift das Thema Transsexualität und räumt mit Vorurteilen auf: „Das sind keine Freaks, sondern ganz normale Menschen“, stellt Bialojahn klar.
Doch Hass gegenüber LGBT(wahlweise +Q, +I) gehört leider noch immer zur Tagesordnung, wie auch der Schriftsteller weiß: „Wir müssen feststellen, dass das Klima wieder rauer wird und etwa auch Schwule angegriffen werden.“ Mit „Trans*Later“ möchte der Autor ein Stück weit dagegen halten. Aufklärung plus Unterhaltung. Für den Kinder- und Jugendpsychotherapeuten muss das kein Widerspruch sein: „Politik macht immer mehr Spaß, wenn man damit unterhalten will.“
So steigt auch „Trans*Later“ ein, wie es sich für einen Kriminalplot gehört: Am CSD-Wochenende wird im Hinterhof des Kölner Szene-Clubs Trans*later ein toter Mann gefunden. Früh am Morgen wird Kriminalhauptkommissarin Frieda Leippold aus dem Schlaf gerissen. Für sie und ihre Kollegin Lara Fricke beginnen nun die Ermittlungen. Was folgt, ist bewährte Krimi-Fan-Kost: Das Abhaken möglicher Alibis von mutmaßlichen wie nervösen ZeugInnen, abgestumpfte Wortwechsel am Seziertisch oder die Tränen der Angehörigen nach dem Überbringen der schlechten Nachricht.
Doch dann die Info des Rechtsmediziners: „Er ist eine sie“. Susanne Lippens, das identifizierte Opfer, hat sich nie als Frau identifiziert, führt in Szene-Clubs ein Doppelleben und plante vor ihrem Mord eine Geschlechtsumwandlung. Geschickt verwebt Bialojahn, der vorher bereits drei Krimis unter dem Pseudonym Brigitte Bialojahn geschrieben hat, die Crime-Story mit der Unkenntnis der Protagonistin.
Denn Kriminalhautkommissarin Frieda Leippold muss sich öfters als „Provinznudel“ outen, die vom Thema Transsexualität so viel Kenntnis hat wie SpitzenkandidatInnen der AfD. „Und LGB-Dingsbums, wovon redest du?“, fragt sie etwa ahnungslos einen Kollegen. Das mögen triviale Dialoge sein, aber sie haben einen aufklärerischen Aspekt. Bialojahn bringt spannenden Gender Trouble an die Unterhaltungsbüchermarktfront.
Mit den Ermittlungen entblättert sich nach und nach auch die Existenz der ermordeten Susanne Lippens: Etwa die Erfahrung, dass ihre beste Freundin mit ihr bricht, weil sie Angst hat, wie ihr Ehepartner reagiert, wenn ihre Freundschaft mit einem Mann fortgeführt wird. Bennet Bialojahn hat Ähnliches erfahren. Anfang letzten Jahres entschloss sich der gelernte Heilpädagoge und Tiefenpsychologe selbst dazu, eine Geschlechtsumwandlung durchführen zu lassen. Leicht war das nicht. „Mit dem entwürdigenden Prozedere der Bürokratie bin ich selbst in Kontakt gekommen.“ Auch Freunde hat er nach diesem Schritt verloren. Da hatte er bereits mit der Recherche für seinen neuen Kriminalroman begonnen. Mit der nun fertigen Buch kann der Krimiautor ab sofort Anderen die Angst vor Transsexualität nehmen.
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