Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
28 29 30 1 2 3 4
5 6 7 8 9 10 11

12.603 Beiträge zu
3.825 Filmen im Forum

Emma Karinsdotter und Martin Widmark (v.l.)
Foto l.: Julia Lindeman, Foto r.: Thron Ullberg

Verlustschmerz verstehen

17. März 2025

„Als der Wald erwachte“ von Emma Karinsdotter und Martin Widmark – Vorlesung 03/25

Der Frühling gilt als die Zeit des Aufblühens, in der nach einem langen, harten Winter die Lebensfreude wieder erwacht. Die Bäume werden wieder grün, die Tage länger, und Tiere und Menschen freuen sich darüber – oder? In ihrem neuen Bilderbuch erzählen Martin Widmark und Emma Karinsdotter die Geschichte der kleinen Spinatfrau, auf die genau das Gegenteil zutrifft: Sie bekommt im Frühling besonders schlechte Laune – und ist damit nicht alleine. Denn der Junge Milo, den seine Mutter auf einen Ausflug in ein Ferienhaus mitten im Wald gebracht hat, ist ebenfalls mürrisch. Erst als die Spinatfrau auf Milo trifft, erkennt sie, dass hinter ihrer Fassade Traurigkeit steckt – denn vor langer Zeit hat sie jemanden verloren, der sehr wichtig für sie war. Auch Milo ist eigentlich traurig, weil er seinen besten Freund vermisst.

In „Als der Wald erwachte“ (Oetinger) befassen sich die schwedischen Autor:innen Widmark und Karinsdotter mit einem zentralen Thema in der kindlichen Entwicklung: dem Umgang mit Gefühlen – und der Tatsache, dass sich hinter Wut Traurigkeit verbergen kann. Dabei regen sie dazu an, gemeinsam Verlust, Wut und Traurigkeit auf die Spur zu gehen und verstehen zu lernen. Der kleinen Spinatfrau geht es erst besser, als sie sich endlich ihre eigene Traurigkeit eingesteht und sich erlaubt, zu weinen – ebenso wie Milo. Zugleich stellen Widmark und Karinsdotter eine schöne Parallele zwischen Jahreszeiten und Gefühlen her: Ebenso wie der Winter Teil des natürlichen Lebenszyklus ist, gehört auch die Traurigkeit zum Leben dazu. Wenn wir sie aus unserem Herzen ausschließen, schließen wir uns damit oft selbst aus der Gemeinschaft mit anderen aus.    

Die Handlung erzählen Widmark und Karinsdotter aus der Sicht einer alten Eiche, deren ruhige und geerdete Erzählweise das Buch prägt. Indem sie bedächtig der Eiche lauschen, vermeiden die Tiere und Pflanzen des Waldes, sich von der mürrischen Energie der Spinatfrau anstecken zu lassen – und können deswegen Mitgefühl für sie empfinden. Illustriert hat die Geschichte Emilia Dziubak, die detailreich in die magische Welt der alten Eiche und der kleinen Spinatfrau entführt. 

Martin Widmark, Emma Karinsdotter & Emilia Dziubak: Als der Wald erwachte | Oetinger Verlag | ab 4 Jahren | 32 S. | 15 Euro

Marina Wudy

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Thunderbolts

Lesen Sie dazu auch:

Ein Buch entsteht
Lilian Peter bei Proust in Essen

Warum streiten wir?
Svenja Flaßpöhler liest im Medienforum Essen

Ein Meister des Taktgefühls
Martin Mosebachs Roman „Die Richtige“ – Textwelten 05/25

Perspektiven der Generationen
Anna Melikova in der Zentralbibliothek Düsseldorf

Flauschige Comedy
Sandra Da Vina im Steinhof Duisburg

Unglückliche Ehen
„Coast Road“ von Alan Murrin – Literatur 04/25

Die Kunst der zärtlichen Geste
„Edith“ von Catharina Valckx – Vorlesung 04/25

Über Weltschmerz sprechen
„Alles, was wir tragen können“ von Helen Docherty – Vorlesung 04/25

Ein wunderbarer Sound
Natalia Ginzburgs Roman „Alle unsere Gestern“ – Textwelten 04/25

„Die großen Stiftungen scheinen es nicht zu kapieren“
Gerd Herholz über sein Buch „Gespenster GmbH. Interventionen aus dem Ruhrgebiet“ – Interview 04/25

Cool – cooler – Aal
„Egal, sagt Aal“ von Julia Regett – Vorlesung 03/25

Aus dem belagerten Sarajevo
„Nachtgäste“ von Nenad Veličković – Literatur 03/25

Literatur.

HINWEIS