Sie ist genauso jung wie die größte und älteste Hochschule im Revier: Zeitgleich zur Gründung der Ruhr-Uni Bochum öffnete 1964 auch die Universitätsbuchhandlung Janssen ihre Pforten. Obwohl das Geschäft von Anfang an die im Aufbau befindliche Uni-Bibliothek belieferte, erhielt es seinen Namenszusatz erst einige Jahre später. „Die Planung der RUB war der Grund, warum mein Vater Hanns nach Bochum gezogen ist“, berichtet der 1965 geborene heutige Geschäftsführer Nils Janssen. Schon als Kind lösten Bücher für ihn „eine bestimmte Faszination“ aus. Literarische Schlüsselerlebnisse waren etwa Christoph Ransmayrs „Die letzte Welt“ (1988), eine Neuschreibung von Ovids „Metamorphosen“, sowie der dystopische Roman „Null K“ (2016) von Don DeLillo, wo es um die Abschaffung des Todes durch das Einfrieren und spätere Wiederbeleben menschlicher Körper (Kryonik) geht.
Zudem stehen Bochumer Autoren hoch im Kurs – so etwa der ehemalige Schulkollege Frank Goosen oder Wolfgang Welt, „der uns freundlicherweise auch literarisch verewigt hat“, freut sich der Junior-Chef der Buchhandlung Janssen. Und dann ist da noch Jochen Malmsheimer, der dort seine Ausbildung machte und im Herbst 2015 vor vollem Haus eine gefeierte Lesung gab. Auch der in Bochum engagierte Schauspieler Armin Rohde stellte hier schon seine Biografie „Größenwahn und Lampenfieber“ (2009) vor – und zwar „mit vollem Körpereinsatz, sodass wir Angst um ihn und unser Mobiliar hatten“, blickt Nils Janssen lächelnd zurück. Oft in Zusammenarbeit mit der Literarischen Gesellschaft Bochum, der Evangelischen Stadtakademie sowie der deutsch-italienischen Gesellschaft Cicuit organisierte Lesungen gehören zu den Highlights des Tagesgeschäfts. Für die lokale Literaturszene macht sich die Buchhandlung besonders stark – so gab Nils Janssen zum 50-jährigen Bestehen der Buchhandlung zusammen mit Dr. Heinz Kischkel die Anthologie „Hier bin ich Mensch, hier will ich sein“ mit Texten von 23 Bochumer Autorinnen und Autoren heraus.
„Besondere Sortimentschwerpunkte liegen zum Beispiel in einer eigenen Lyrik- und Philosophie-Abteilung sowie im Bereich Theater“, hebt Nils Janssen hervor. Einen weiteren Schwerpunkt mache das eigens von einer festen Mitarbeiterin betreute Jugendbuch aus: „Mir liegt gerade die junge Leserschaft besonders am Herzen und es freut mich immer sehr, wenn im Umfeld des Welttags des Buches [23.4., d. Red.] ganze Schulklassen vorbeikommen.“ Darüber hinaus hält der Buchhändler Stadtbüchereien „für eine ganz wichtige Einrichtung“, die „unersetzbar für die Leseförderung“ sind.
Auch wenn das Medium Buch schon einfachere Zeiten erlebt hat, habe es „immer noch einen sehr hohen Stellenwert“. Nils Janssen jedenfalls würde „nie einen Gedanken daran verschwenden, neben Büchern, Hörbüchern und Kalendern weitere Artikel zu verkaufen; das würde dem Buch als solches auch nicht gerecht werden.“ Dies gilt in gewissem Maße ebenfalls für den digitalen Ableger des klassischen Mediums: „Zwar bieten wir zudem E-Books an, aber wir preschen damit nicht wirklich nach vorne, weil es in dem Rahmen, wie wir es anbieten könnten, nicht als Zusatzangebot, sondern womöglich auch als Konkurrenzprodukt wahrgenommen werden könnte.“
Im Netz: www.janssen-buecher.de
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