Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
22 23 24 25 26 27 28
29 30 1 2 3 4 5

12.558 Beiträge zu
3.787 Filmen im Forum

Foto: Stefan Nimmesgern

Wissensdurst

27. November 2019

Joachim Król liest „Der erste Mensch“ von Camus – Literatur 12/19

Seit deutsche Schüler bei der PISA-Studie im Dezember 2001 ausgesprochen schlecht abschnitten und das gesamtdeutsche Bildungssystem in Verruf geriet, hat sich einiges getan. Nichtsdestotrotz ist die Kritik an übervollen Klassenzimmern, Lehrermangel und ausfallenden Schulstunden auch 18 Jahre danach noch aktuell und berechtigt. Dabei vergessen wir, dass (schulische) Bildung nicht nur eine bürokratisch zu verwaltende Notwendigkeit ist, sondern in den wissbegierigen Phasen von Kindheit und Jugend Spaß und Erfüllung sein kann, von der wir ein Leben lang zehren.

Albert Camus, französisch-algerischer Literaturnobelpreisträger, erzählt in seinem autobiografisch geprägten Roman „Der erste Mensch“ unter anderem von dieser Freude am Lernen. Er schildert darin den Werdegang seines Alter Egos, der wie Camus selbst in der eher bildungsfernen Schicht Algiers bei der analphabetischen Mutter und der strengen Großmutter aufwächst. Nur durch den Einsatz eines engagierten Lehrers kann er das Gymnasium besuchen. Zwar geht es auch um die Suche des Sohnes nach dem früh verstorbenen Vater und der eigenen Identität, Bildungshunger und Lernbegeisterung des jungen Eleven nehmen aber besonders viel Raum ein. Es handelt sich um das letzte Werk des Schriftstellers und Philosophen, das posthum und erst 1994 erschien. Das Manuskript dazu wurde in dem Auto gefunden, in dem Camus 1960 tödlich verunglückte.

Bei der szenischen Lesung des Ein-Personen-Stücks in Bochum wird Schauspieler Joachim Król von dem fünfköpfigen Orchestre du Soleil musikalisch unterstützt. Elemente des traditionell maghrebinischen Rai und der französischen Musette bilden den Soundtrack und spiegeln gleichzeitig Camus‘ Verortung als algerischer Franzose in dritter Generation. Als Ich-Erzähler gelingt es Król eindringlich, die Kindheitserinnerungen des Existenzialisten wider Willen lebendig werden zu lassen. Er zeigt uns dessen Heimat als eine Welt voller Armut, aber auch Schönheit und Wissensdurst auf.

„Der erste Mensch. Die unglaubliche Geschichte einer Kindheit“ nach Albert Camus | Do 9.1. 20 Uhr | Schauspielhaus Bochum | 0234 33 33 55 55

Maxi Braun

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Arthur der Große

Lesen Sie dazu auch:

Kindheit zwischen Buchseiten
„Die kleinen Bücher der kleinen Brontës“ von Sara O’Leary und Briony May Smith – Vorlesung 05/24

Grenzen überwinden
„Frieda, Nikki und die Grenzkuh“ von Uticha Marmon – Vorlesung 04/24

Für Kinder und Junggebliebene
Gratis Kids Comic Tag 2024

„Ruhrgebietsstory, die nicht von Zechen handelt“
Lisa Roy über ihren Debütroman und das soziale Gefälle in der Region – Über Tage 04/24

„Ich komme mir vor wie Kassandra“
Jaana Redflower über ihren Roman „Katharina?“ und das neue Album der Gamma Rats – Interview 04/24

Erwachsen werden
„Paare: Eine Liebesgeschichte“ von Maggie Millner – Textwelten 04/24

Von Minenfeldern in die Ruhrwiesen
Anja Liedtke wendet sich dem Nature Writing zu – Literaturporträt 04/24

Wortspielspaß und Sprachsensibilität
Rebecca Guggers und Simon Röthlisbergers „Der Wortschatz“ – Vorlesung 03/24

Lebensfreunde wiederfinden
„Ich mach dich froh!“ von Corrinne Averiss und Isabelle Follath – Vorlesung 03/24

Das alles ist uns ganz nah
„Spur und Abweg“ von Kurt Tallert – Textwelten 03/24

Wut ist gut
„Warum ich Feministin bin“ von Chimamanda Ngozi Adichie – Vorlesung 03/24

Unschuldig bis zum Beweis der Schuld
„Der war’s“ von Juli Zeh und Elisa Hoven – Vorlesung 02/24

Literatur.

Hier erscheint die Aufforderung!