Am 28. August 2009 schien die Sonne in Hagen. Das Interesse an der Stadt war von nationalem Ausmaß. Der Grund: die Eröffnung des Emil Schumacher Museums. Seinem bekanntesten Maler hatte Hagen ein denkwürdiges Museum errichtet: Mit einer gläsernen Fassade, einer innovativen Raumaufteilung und einem autarken Energiekonzept aus Erdwärme und Photovoltaik-Anlagen. Zusätzlich ließ die Stadt einen Platz davor errichten und verband den Neubau mit dem bestehenden Osthaus Museum. Gut fünf Monate vor Ruhr2010 war der Bau des sogenannten Kunstquartiers abgeschlossen, ein fester Punkt auf der Kulturhauptstadtlandkarte. Heute sind die Gebäude des Kunstquartiers ein millionenschwerer Klotz am Bein der Stadt Hagen, deren finanzielle Situation mit einer Gesamtverschuldung von über 1,2 Milliarden Euro deutsches Spitzenniveau erreicht. Was war passiert? Als parteienübergreifend das Projekt 2002 abgesegnet wurde, standen als jährliche Unterhaltungskosten 461.000 Euro in der Planung. 2010 waren es bereits 1,3 Millionen mehr pro Jahr. „Das sind Energiekonzepte gewesen, die sich so günstig bisher nicht dargestellt haben“, versucht Jörg Fritzsche, kulturpolitischer Sprecher der Grünen in Hagen, die Kostenexplosion zu erklären.
Zahlreiche beteiligte Firmen, viele insolvent
Hinzu kamen Probleme mit der Klimatechnik und der Trinkwasseraufbereitung, die bis heute anhalten. Schnell stellte sich bei vielen Hagener Bürgern der Eindruck ein, die Stadtverwaltung hätte sich da ein „Groschengrab“ gebuddelt, wie der Bund der Steuerzahler das Projekt nannte. Davon will Thomas Huyeng (CDU), Beigeordneter für den Fachbereich Kultur, nichts wissen. „Das Museum hat eine breite Akzeptanz“, so Huyeng. Jörg Fritzsche sieht das etwas anders: „Es ist etwas schade, dass die Museumsaspekte unter der Baudiskussion leiden“, sagt er. Auch Rouven Lotz, wissenschaftlicher Leiter des Emil Schumacher Museums, bemängelt dies: „Problematisch ist nicht die Einrichtung, sondern das Gebäude“. In Zukunft wird er weiter von der Bausituation auf das Inventar seines Hauses ablenken müssen, denn das Fiasko ist noch lange nicht beendet. Seit 2011 läuft ein Beweissicherungsverfahren, das sowohl die baulichen Mängel wie ihre Verantwortlichen benennen soll. Beigeordneter Thomas Huyeng: „Die Ursache wird noch gefunden werden, bis ein Gutachter sagt: ‚Hier sind die baulichen Mängel.’ Dann müssen die Baufirmen dafür Rechnung tragen“. Jörg Fritzsche sieht auch diesem Verfahren skeptisch entgegen: „Es ist ohne Generalunternehmer gearbeitet worden. Man kann keine Hauptperson festmachen, nur zahlreiche Firmen, von denen viele auch schon insolvent sind.“ Im schlimmsten Falle müsste die Stadt Hagen alleine auf den Folgekosten ihres Museums-Projekts sitzen bleiben.
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