„Books changed my life“, sagt der große britische Fotokünstler Viktor Burgin. Ihm geht es wie vielen bedeutenden Fotografen, erst mit der Reise durch die Welt der Bücher gelangten sie in die Welt der Bilder. Mit dem puristischen Titel „Books“ überschreibt Thomas Zander die aktuelle Ausstellung seiner Galerie, in der Gerhard Steidl eine Etage mit den Büchern seines Verlags ausstattete, während die zweite von Walther König und dessen Verlagserzeugnissen gefüllt wird. „Es ist die Zeit der Bücher“ verkündet Zander angesichts einer Situation, in der uns der Lockdown dazu zwingt, mehr Zeit daheim zu verbringen. Andererseits belässt es Zander nicht bei einem üppigen Bazaar, der neben Büchern zur Fotografie auch literarische Kost bietet. An den Wänden gibt es Arbeiten von Candida Höfer zu sehen und es laufen Filme über Druckereien und Buchherstellung.
Aus den USA werden Einspielungen gezeigt, in denen Robert Adams, Mitch Epstein, Lee Friedlander oder Ed Ruscha erzählen, auf welche Weise ihr Werk durch Bücher beeinflusst wurde. Dabei ist die physische Präsenz der Bücher von Bedeutung. So zeichnet Molly Springfield etwa präzise die Gebrauchsspuren auf Büchern nach. Da stellt sich die Frage, wie sind Bücher gemacht und wie unterscheiden sich Fotobücher von Ausstellungen? Tatsächlich gibt es ja nicht die Fotografie, so wie es ein Gemälde gibt, das ein einzigartiges Objekt ist. Mit jeder Reproduktion verändert sich ein Foto. Computerbearbeitung, Druckverfahren und Papier führen immer wieder zu unterschiedlichen Ergebnissen. Wobei es durchaus passieren kann, dass eine Reproduktion im Buch das vom Fotografen analog entwickelte Bild an Präzision übertrifft.
Bilder schauern in dunklen Zeiten
Zum Schauen und Diskutieren bietet die Galerie ein Füllhorn an Ideen und Anregungen. Sind die Weihnachtsmärkte in diesem Jahr auch der Absage durch Covid 19 anheimgefallen, so muss doch niemand auf seinen Glühwein verzichten. Vor der Galerie steht ein Zelt, das hygienetauglich zum Verzehr eines Gläschens einlädt.
Wer über den Hof zu geht, kann ab dem 9. Januar dann im Forum für Fotografie bequem in den Büchern schmökern, die in diesem Jahr für den Deutschen Fotobuchpreis nominiert wurden. Ein endlos langer Tisch ist übersät mit den aktuellen Publikationen. Hier kann man sitzen und sich etwa die kunstvoll gestalteten Bände der Eigenproduktionen anschauen. Während die Verlage ein schwieriges Jahr hinter sich gebracht haben, werden selbst gestaltete Fotobände immer beliebter. Die Wände des Forums gehören derweil zwei großen deutschen Fotografen, die sich dem Ruhrgebiet in ihren Arbeiten vollkommen unterschiedlich widmeten. Von Ulrich Mack sind Zechen, Industrieanlagen und menschenleere Straßen unter schwerem grauem Himmel zu sehen. Diese aufreizende Sachlichkeit konterte Michael Wolf mit seinen Bildern von Bottrop Ebel, die in den späten 1970er Jahren entstanden. Man sieht die Menschen feiern, schaut dem Schlachter bei der Arbeit zu und bekommt einen Blick auf den stillosen Wohlstand einer Gesellschaft geboten, die voll berstender Lebendigkeit steckt.
Books | bis 30.1., Di-Fr 13-18, Sa 12-17 Uhr, geschlossen 20.12.-10.1. | Galerie Thomas Zander, Köln | 0221 934 88 56
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Online-Lesezirkel im Ruhrgebiet
„Betreutes Lesen“ mit Sandra Da Vina – Literaturportrait 12/20
Momente mit zwei großen Autorinnen
Margaret Atwood und Susan Sontag neu entdecken – Wortwahl 12/20
Entdeckungen ohne Ende
Ein Buch randvoll mit kleinen Geschichten aus Köln – Textwelten 11/20
Industrietristesse und Puppen-Nostalgie
Überraschende Shortlist-Nominierungen für den Buchpreis – Wortwahl 11/20
Eine Bühne für andere Repräsentationen
Fatma Uzun gehört seit Jahren zur Leitung des Festivals Literatürk – Literaturportrait 11/20
Mehr heißt mehr
Das LesArt.-Festival geht in die 21. Ausgabe – Festival 11/20
Vom Schlick verschluckt
Jana Scheerer unternimmt literarische Wattwanderung durch die Psyche – Literaturportrait 10/20
Afrika abseits der Klischees
Gunther Geltinger im Literaturhaus Dortmund – Literatur 11/20
Große Entdeckungen
Wie man vergessene Autorinnen wieder ans Licht bringt – Textwelten 10/20
Unwägbarkeiten des Morgen
Literatürk in Essen und anderen Orten – Festival 10/20
Ein Dorf in Kurdistan
Ronya Othmanns Debüt „Die Sommer“ – Wortwahl 10/20
Italienisches Einzelgängertum
Jhumpa Lahiris erster Roman auf Italienisch – Wortwahl 09/20
Schattenseiten des Ruhms
Exzessive Künstlerleben, Umweltstars und Raubbau aller Orte – ComicKultur 08/20
Vogelperspektive
Comiclegenden, Teenager und Astronauten aus großer Entfernung – ComicKultur 07/20
Blicke hinter die Kulisse
Nadine Pungs erzählt aus dem Übermorgenland – Wortwahl 06/20
Dann schreib doch vom Penny!
Sarah Jäger macht Discounter-Hinterhof zum Nabel der Welt – Literaturportrait 05/20
Bildungsroman in Bildern
Teenage Angst, Culture-Clash und die Klassenfrage – ComicKultur 05/20
Subjekt und Ego
Zwei Bücher zwischen Identitätssuche und Selbstinszenierung – Wortwahl 05/20