„675 Jahre Hörde – Pioniergeist im Dortmunder Süden“ lautet der Titel des ersten 2015 im transfer.-Verlag erschienenen Bildbandes: Eindrucksvoll zeigt der in Dortmund-Hörde geborene Autor Kai Schäder den postindustriellen Wandel des Stadtteils, als dessen Wahrzeichen früher die 2001 erloschene „Hörder Fackel“ der Phoenix-Werke galt, die den Stahl-Standort einst groß gemacht hatten. Nicht nur die Struktur der Ruhr-Region, sondern auch die „Buch- und Medienlandschaft“ ist „durch die enormen sozialen, kulturellen und technischen Veränderungen der letzten Jahre erheblichen Turbulenzen unterworfen“, heißt es auf der Homepage von „transfer. bücher und medien“. Diesen Prozess begleitet die sympathische inhabergeführte Buchhandlung nicht nur durch ein breit aufgestelltes Angebot im Print-Bereich, sondern auch durch „multiple Medien“ wie E-Books, erläutert Birgit Lange-Grieving ergänzend zu den online formulierten „Gedanken hinter transfer.“: „Wir haben mehr Ideen als wir umsetzen können“, schwärmt die Verlagsfachwirtin, die transfer. zusammen mit ihrem Mann Jochen Grieving im April 2011 ins Leben rief. Drei Jahre zuvor hatte die letzte Buchhandlung in Dortmund-Hörde geschlossen.
„Wir verstehen uns als kulturelle Plattform“, unterstreicht die transfer.-Mitgründerin. Dieses Konzept, so sagt sie, gelte sowohl für den interkulturellen Austausch als auch für den inhaltlichen Transfer „zwischen uns und den Kunden“. Und dies in einem Quartier, das Teil „eines der größten Strukturwandel-Projekte Europas“ ist. Ein solcher Austausch geschieht bei einer großen Zahl vielfältiger Veranstaltungen mit renommierten, aber auch regional bekannten AutorInnen. „Im Grunde wollen wir alles abbilden“, illustriert Lange-Grieving das transfer.-Konzept und ihren Ansatz, „dass wir hier vor Ort das kulturelle Leben der Menschen ergänzen möchten.“ Dies gelte sowohl für die Präsentation der regionalen Literaturszene als auch (inter-)national renommierter AutorInnen bei Veranstaltungen der Hörder Buchhandlung, die 2015 mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet wurde. Im selben Jahr stellte Ralf Rothmann hier vor ausverkauftem Haus seinen bei Suhrkamp erschienenen Roman „Im Frühling sterben“ vor – „meines Erachtens das beste Buch 2015“, findet Lange-Grieving. 2016 glänzte der Schweizer Dramatiker Lukas Bärfuss mit einer „fantastischen Lesung“ bei transfer. Auch Pen-Club-Mitglied Heinrich Peuckmann war mit seinem neuen Roman „Die lange Reise des Herrn Balzac“ vor kurzem zu Gast.
„Unsere Schwerpunkte sind Belletristik, Kriminalroman und Sachbuch“, erklärt transfer.-Buchhändler Ronny Ehlen. „Hierbei ist es unser Anliegen, verstärkt Independent-Verlage herauszustellen, die im Mainstream-Buchhandel nicht vertreten sind.“ Hierzu gehören auch regionale Verlage, wie etwa der ursprünglich mit seinen Ruhr-Krimis bekannt gewordene Dortmunder Grafit-Verlag sowie der Ruhrgebietsverlag Henselowsky und Boschmann. transfer. geht es darum, „die Stärken und Vielfalt der Verlagslandschaft“ zu zeigen. Hierzu gehört zweifellos auch Friedrich Ani, aktuell mit seinem neuen Roman „Nackter Mann, der brennt“ (Suhrkamp), der am 18.11. dieses Jahr schon zum dritten Mal bei transfer. gastieren wird – als besonderes Highlight abermals mit Bayrischem Bier.
Info: www.transfer-dortmund.de
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