1976, eigentlich sogar schon 1974, hat Jacques Tardi seine Serie „Adeles ungewöhnliche Abenteuer“ gestartet. Es erschienen bis Mitte der 80er Jahre sieben Bände, in den 90ern folgten zwei weitere und 2007 erschien ein zehnter Band mit offenem Ende. 15 Jahre später ist nun endlich der Abschluss der Reihe um die resolute Autorin Adele da, die sich widerwillig mit allen möglichen Gaunern und Monstern herumschlagen muss. Die Handlung von „Das Baby im Park Buttes-Chaumont“ in Worte zu fassen, erscheint indes fast unmöglich, bei all dem Irrsinn, der sich hier im Jahr 1923 ereignet. Sicher kein Zufall, dass der Band genau jetzt erscheint: 100 Jahre später. Alle Adele Blanc-Sec-Geschichten sind gerade in drei Sammelbänden (ebenfalls bei Schreiber & Leser) erschienen.
Auch bei „Der lachende Vampir“ von Suehiro Maruo hat es etwas gedauert. Der erste Band erschien 1998 in Japan und 2003 in Deutschland, der zweite 2004 nur in Japan. Erst mit der Neuauflage von Band 1 kommen nun, 20 Jahre später, die Leser:innen auch hier in den Genuss der ganzen Geschichte. Wobei Genuss in Anführungszeichen stehen sollte, da die Geister-Vampir-Gewürm-Splatter-Sex-Orgie auf der Ebene alles Bisherige in den Schatten stellt, wenn eine Dämonin einen Mittelschüler zum Vampir macht, der eine Mitschülerin infiziert, und sie gemeinsam auf Rachefeldzug gehen. Vielleicht die japanisch-tobende Teenage Angst-Version von Charles Burns „Black Hole“?
Vielzeichner Lewis Trondheim („Donjon“, „Herr Hase“) zeichnet nicht nur viel, er schreibt seine Comics auch selber. Damit keine Langeweile aufkommt, schreibt er mitunter auch noch Geschichten für andere Zeichner wie zum Beispiel Hubert Chevillard. Neben Comics macht er noch Animationsfilme und Videospiele. In „Ich bleibe“ taucht er das sommerliche Mittelmeer-Szenario in helle Farben. Trondheims faszinierender Plot erzählt von einem Paar und seinen Urlaubsplänen. Direkt beim ersten Spaziergang am Meer stirbt der Mann, die Frau bleibt alleine mit dem vollgestopften Terminkalender des Manns für den Urlaub zurück. Dass sie in der Beziehung kaum Platz hatte, wird ebenso schnell klar wie dass die Planung des Mannes nicht nach den Wünschen der Frau ausgerichtet war. Nun lässt sie sich treiben. Nicht als Trauernde, sondern als sich Trauende (avant verlag).
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