Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
3 4 5 6 7 8 9
10 11 12 13 14 15 16

12.632 Beiträge zu
3.852 Filmen im Forum

Stardust, Starman, Superman: David Bowie
Bild: Carlsen Verlag by Wolf-Dieter Tabbert

Aufstieg und Fall

19. Januar 2022

Wenn man die Kunstfigur zu ernst nimmt – Comickultur 01/22

Bereits lange angekündigt, nun ist Reinhard Kleists neue Musiker-Biografie fertig – zumindest der erste Teil davon. Nach Graphic Novels über Elvis, Johnny Cash und Nick Cave – also vorwiegend Men in Black – hat er sich nun mit etwas sehr buntem beschäftigt: dem Glam Rock. Genauer: Mit „David Bowie‘s Ziggy Stardust Years“, so der Untertitel seines neuen Comics „Starman“, der dann aber doch nicht nur die Jahre seiner bekanntesten Kunstfigur, sondern auch seine Kindheit, Jugend und erste musikalischen Gehversuche skizziert.

In den vom allwissenden Ich-Erzähler rückblickend erzählten Szenen aus seinem Familienhaus mit einer verständnislosen Mutter und einem am Wahnsinn kratzenden Bruder und den frühen Jahren der kreativen Selbstfindung hält sich Kleist sowohl zeichnerisch als auch in der Kolorierung zurück: Die Vergangenheit ist in klassischem Sepia gehalten. Bowies Ziggy-Jahre jedoch regiert nicht nur ein wilder, mitunter regelrecht explosiver Strich, der das SF-Thema ebenso aufnimmt wie den Hardrock dieser Bowie-Phase, sondern auch eine knallbunte Farbpalette, die man sonst in Kleists Werk eher selten sieht.

Genau wie die Rasterfolien sind sie den Superhelden-Comics entliehen, was eine schöne Idee ist, denn schließlich sieht sich Bowie in jener Zeit nicht nur als „Starman“, sondern im Erfolgs- und Drogenwahn auch irgendwie als Superman. Der vorläufige Absturz folgt schon bald – und so wird Bowie fasziniert bejubelt, aber auch als ein seine Mitmenschen benutzender Getriebener gezeichnet. In „Low – David Bowie‘s Berlin Years“ gehts dann weiter (Carlsen).

Leonard Cohen – auch so ein Man in Black, den man sich in einer Kleist-Biografie hätte vorstellen können. Auf jeden Fall ist der Singer/Songwriter in seiner konservativen Nüchternheit das Gegenteil von Bowie. Philippe Girard hat sich den Lyriker, Komponist, Gitarrist, Sänger und Frauenschwarm in seiner Graphic Novel „Like a Bird on a Wire“ vorgenommen. Cohen sieht hier schon mit 13 aus wie ein älterer Herr, denkt, dichtet und drogt sich über die Bühnen und durch die Betten ebenso hastig wie der Comic kurzweilig, aber auch sehr verkürzt anekdotisch durch die Jahrzehnte jagt. Die deutsche Übersetzung irritiert mit der Verwendung des Begriffs CD in den 50er, 60er und 70er Jahren (Cross Cult).

Christian Meyer-Pröpstl

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.

Neue Kinofilme

Predator: Badlands

Lesen Sie dazu auch:

Kämpfer & Mahner
Ilko-Sascha Kowalczuk im HMKV in Dortmund

Radikale Gedanken
21. Literaturdistrikt in Essen

Inmitten des Schweigens
„Aga“ von Agnieszka Lessmann – Literatur 11/25

Die Liebe und ihre Widersprüche
„Tagebuch einer Trennung“ von Lina Scheynius – Textwelten 11/25

Mut zum Nein
„Nein ist ein wichtiges Wort“ von Bharti Singh – Vorlesung 10/25

Kindheitserinnerungen
„Geheimnis“ von Monika Helfer und Linus Baumschlager – Vorlesung 10/25

Die Front zwischen Frauenschenkeln
„Der Sohn und das Schneeflöckchen“ von Vernesa Berbo – Literatur 10/25

Im Spiegel des Anderen
„Der Junge im Taxi“ von Sylvain Prudhomme – Textwelten 10/25

Von Ära zu Ära
Biographie einer Metal-Legende: „Sodom – Auf Kohle geboren“ – Literatur 10/25

Kutten, Kohle und Karlsquell
Lesung „Sodom – Auf Kohle geboren“ in Bochum – Literatur 10/25

Alpinismus im Bilderbuch
„Auf in die Berge!“ von Katja Seifert – Vorlesung 09/25

Keine Angst vor Gewittern
„Donnerfee und Blitzfee“ von Han Kang – Vorlesung 09/25

Literatur.