Ob als Dokumentar- oder Spielfilme: Biopics über Künstler:innen sind seit langem beliebt. Und das nicht ohne Grund, schließlich machen sie die Kulturgeschichte für die Zuschauer:innen visuell und emotional erlebbar. Zuletzt zeigten das Werke wie „Maestro“ über den Dirigenten, Komponisten und Pianisten Leonard Bernstein oder „Munch“ über den gleichnamigen norwegischen Maler. Optimistisch stimmt es darüber hinaus, dass immer mehr weibliche Biografien im Fokus der filmischen Bearbeitung stehen. So ist es nur folgerichtig, dass nach „Elvis“ (2022) nun auch die Perspektive von Priscilla Presley erzählt wird – und zwar von einer Regisseurin. Dabei orientiert sich der Film an der Autobiografie „Elvis and me“ (1985), die Presley mit Sandra Harmon zusammen verfasst hat und die ihre Erinnerungen an die Beziehung festhält. Herausgekommen ist ein ehrliches Melodrama, in dem Sofia Coppola die junge Liebe und den großen Altersunterschied nicht kritisiert, aber den frauenfeindlichen Zeitgeist jener Jahre am herrschsüchtigen und launischen Verhalten des „Kings“ aufzeigt, ohne ihn dem Publikum platt und wertend vor die Nase zu setzen. Elvis-Fans werden es mit Coppolas Biopic nicht leicht haben, aber die haben mit Baz Luhrmanns Effekt-Overkill schließlich letzes Jahr schon ihr Elvis-Biopic bekommen. Sofia Coppola nimmt im Vergleich dazu ihre Protagonistin ernst und inszeniert ihren Weg mit viel Gefühl für Zeit und nötigem Respekt. „Priscilla“ startet am 4. Januar in den Kinos und wird teilweise auch schon als Silvester-Preview zu sehen sein.
Eine starke weibliche Protagonistin finden wir auch in Yórgos Lánthimos Gruselmärchen „Poor Things“ (Start: 18.1.), das eine spannende Reise verspricht. Die beginnt direkt mit dem Tod, als sich eine junge Frau im Nebel von der Tower Bridge stürzt. Ein verrückter Wissenschaftler setzt ihr das Gehirn ihres eigenen, ungeborenen Kindes ein und holt sie mithilfe von Elektroschocks zurück ins Leben. Das erinnert stark an Frankenstein, doch emanzipiert sich Lánthimos Adaption genauso von Mary Shelleys Urstoff wie von den vielen anderen Frankensteinverfilmungen vergangener Jahrzehnte: Der Kunstmensch – brillant dargestellt von Emma Stone – erlebt selbst eine Emanzipationsgeschichte. Wie gut, dass Lánthimos mit „Poor Things“ keine Neuverfilmung von „Frankensteins Braut“ (1935) gedreht hat, sondern ein kindlich-verspieltes Wesen zeigt, das jeden in den Bann zieht, und Bilder, die das Kino auch ästhetisch etwas diverser machen. So zeigt „Poor Things“ – genauso wie „Priscilla“ – den Wert des weiblichen Blicks in einem Kino, das immer noch stark von Männern geprägt ist.
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