trailer: Herr Giegold, die Grünen sind für den Rettungsschirm, weil sie für Europa sind, aber sie sind gegen weitere Schulden, weil diese nicht dem Prinzip der Nachhaltigkeit entsprechen. Ein Dilemma?
Sven Giegold: Es war notwendig, den europäischen Rettungsschirm einzusetzen, selbst wenn die jetzt beschlossenen Bedingungen aus sozialer, ökologischer und demokratischer Sicht inakzeptabel sind. Natürlich müssen Staaten ihre Ausgaben durch Einnahmen und nicht durch weitere Schulden finanzieren, denn die Lasten dürfen nicht auf zukünftige Generationen abgeschoben werden. Sowohl in den Krisenländern wie auch hier tragen einseitig der Mittelstand und besonders die sozial schwachen Bürger die Folgen der Krise. Die soziale Schere geht im Rahmen der Haushaltssanierungen immer weiter auseinander. Deshalb ist es so wichtig, auch die Steuerschlupflöcher zu schließen und Vermögende zu besteuern.
Wer profitiert von der Euro-Krise?
Europa mit Sicherheit nicht. Es profitieren diejenigen, die auf eigene Rechnung hohe Risiken eingegangen sind und nun durch den Steuerzahler freigekauft werden. Dieses Vorgehen entspricht in keinster Weise marktwirtschaftlichen Grundsätzen, die ja darauf beruht, dass Gewinnen aus privaten Investitionen die Haftung für Verluste entspricht.
Brauchen wir den Euro eigentlich noch?
Derzeit wird von allen Seiten am Euro gezündelt, erschreckenderweise besonders von national bornierter Seite. Den Zuspruch zu scheinbar einfachen Lösungen halte ich für sehr gefährlich. Es wird mit Stereotypen gearbeitet, die einfach nicht stimmen. Die Griechen sind nicht faul oder verdienen pauschal zu viel. Wenn der Euro scheitert, würde der Geist des europäischen Internationalismus nach und nach auf dem Schrotthaufen der Geschichte landen. Das kann man nicht wollen.
Haben Sie noch Visionen für Europa?
Natürlich. Wir können durch die Krise lernen, dass eine gemeinsame Währung auch eine gemeinsame Steuer-, Wirtschafts- und Sozialpolitik benötigt. Danach sieht es im Moment aber leider nicht aus. Entscheidungen finden auf Gipfeltreffen der nationalen Regierungschefs hinter verschlossenen Türen statt. Dabei müssten die gewählten Volksvertreter, also in diesem Fall das Europaparlament, entscheiden.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Das Online-Hellas
Dimitrios Zachos betreibt eine Internetplattform für Griechen in Bochum – Thema 11/11 Der Euro
Euro oder Ruhrtaler?
Die Krise der Gemeinschaftswährung hat auch etwas mit uns zu tun – THEMA 11/11 DER EURO
„Die Zukunft liegt im Euro“
Christof Lützel über Euro- und Bankenkrise aus Bochumer Sicht – Thema 11/11 Der Euro
Argumente statt Polemik
Günter Leußler aus Mülheim engagiert sich in der deutsch-griechischen Gesellschaft – Thema 11/11 Der Euro
„Nicht nur ärztliche, sondern auch politische Entscheidung“
Teil 1: Interview – Psychiater Mazda Adli über Ängste infolge des Klimawandels
„Psychische Erkrankungen haben nichts mit Zusammenreißen zu tun“
Teil 2: Interview – Psychologe Jens Plag über Angststörungen
„Das Gefühl, dass wir den Krisen hinterherjagen“
Teil 3: Interview – Miriam Witz von Mein Grundeinkommen e.V. über Existenzängste und Umverteilung
„Ausstrahlung ist mehr als die äußere Erscheinung“
Teil 1: Interview – Psychoanalytikerin Ada Borkenhagen über Schönheitsoperationen
„Sport wird instrumentalisiert, um positive Emotionen zu empfinden“
Teil 2: Interview – Sportpsychologin Jana Strahler über Sportsucht
„Schönheit ist ein zutiefst politisches Thema“
Teil 3: Interview – Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Lechner über Schönheitsdruck
„Wie eine Allergie, die keine ist“
Teil 1: Interview – Allergologin Petra Zieglmayer über den Umgang mit Histaminintoleranz
„Meine Freiheit als Rezipient wird vergrößert“
Teil 2: Interview – Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich über Triggerwarnungen in Kunst und Kultur
„Solche Tendenzen sind nicht angeboren“
Teil 3: Interview – Sozialpsychologin Fiona Kalkstein über Autoritarismus und Demokratiefeindlichkeit
„In ihrer jetzigen Form hat Demokratie keine Zukunft“
Teil 1: Interview – Soziologe Robert Jende über eine Politik jenseits von Parteizugehörigkeit
„Problematisch, wenn sich Kritik auf Demokratie an sich richtet“
Teil 2: Interview – Politikwissenschaftler Sven T. Siefken über den Zustand der Demokratie
„Viele Menschen haben das Gefühl, sie werden nicht gehört“
Teil 3: Interview – Medienforscherin Dorothée Hefner über Vertrauen in politische Berichterstattung
„Dieses falsche Gesellschaftsbild korrigieren“
Teil 1: Interview – Philosoph Jan Skudlarek über Freiheit und Gemeinwohl
„Gier ist eine Systemeigenschaft im Finanzsektor“
Teil 2: Interview – Soziologe Sighard Neckel über Maßlosigkeit im Kapitalismus
„Die Klimakrise rational zu begreifen reicht nicht“
Teil 3: Interview – Neurowissenschaftler Joachim Bauer über unser Verhältnis zur Natur
„Man muss gesetzliche Möglichkeiten schaffen, mit Extremisten umzugehen“
Teil 1: Interview – Militärexperte Thomas Wiegold über Aufgaben und Kontrolle der Bundeswehr
„Der Verfassungsschutz betreibt ideologische Gesinnungskontrolle“
Teil 2: Interview – Rolf Gössner über politische Tendenzen des Verfassungsschutzes
„Polizeibeamte kommunizieren in der Regel in einem Herrschaftskontext“
Teil 3: Interview – Kriminologe Rafael Behr über die kritische Aufarbeitung von Polizeiarbeit
„Häufig eine völlig falsche Vorstellung des ‚echten Lebens‘“
Teil 1: Interview – Psychologin Anna Schneider über Freundschaft in Zeiten der Digitalisierung
„Das eigene Bauchgefühl hat noch nie gereicht“
Teil 2: Interview – Medienwissenschaftler Michael Seemann über Täuschungen durch KI
„Junge Menschen sind gesucht und begehrt“
Teil 3: Interview – Arbeitsmarktforscher Ulf Rinne über neue Herausforderungen bei der Berufswahl