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Die Stars von "Hannah Arendt"
Foto: Betty Schiel

Starke Frauen

30. Januar 2013

„Hannah Arendt“ in der Lichtburg Essen - Foyer 02/13

Essen, 8. Januar – „In Deutschlands schönstem Premieren-Kino“ begrüßte Film-Verleiher Christoph Ott die Gäste zur Premiere von „Hannah Arendt“, und der Andrang war groß. Regisseurin Margarethe von Trotta und das hochkarätig besetzte Ensemble des Films, allen voran glänzte Barbara Sukowa in der Rolle der Hannah Arendt, nahmen den fotografischen Dauerbeschuss auf dem roten Teppich mit Humor. Dort kam es auch zu einer herzlichen Begrüßung mit Hannelore Kraft, die gleich mit zwei Ministerinnen zu dem feierlichen Kinoabend erschien. Neben den männlichen Hauptdarstellern Axel Milberg und Michael Degen dominierten die Frauen das Bild an diesem Abend: von der Produzentin Bettina Brokemper über die Drehbuchautorin bis zur Cutterin.

Barabara Sukowa begrüßt Hannelore Kraft, Foto: Betty Schiel

Mit viel Applaus bedacht nahm sich Margarethe von Trotta Zeit, auf die ungewöhnliche Sprachfassung des Films Bezug zu nehmen. Es wird über weite Strecken Englisch gesprochen, was Hannah Arendt nie so brillant beherrscht hatte wie ihre Muttersprache Deutsch. Diese Situation wollte von Trotta physisch darstellen, um verständlich zu machen, was Immigration auch bedeutet, nämlich der Verlust der Sprache. Amerika sei für Hannah Arendt ihr Paradies gewesen und gleichsam ein großer Verlust.

Mit dem Film ist Margarethe von Trotta weit mehr gelungen als ein herkömmliches Biopic, zumal sie die biografischen Eckpunkte klug inszeniert. Sie erzählt Hannah Arendts Geschichte rund um ihre Berichterstattung über den Eichmann-Prozess in Jerusalem. „Eichmann ist überhaupt nicht unheimlich. Er ist ein Nobody“, konstatiert Arendt. Sie sah Eichmann, verantwortlich für den Tod von 6 Millionen Juden, nicht als Satan, sondern als kleinen Wicht und mittelmäßigen Bürokraten und entwickelte die bahnbrechende These der „Banalität des Bösen“.

Mit der Verwendung von originalen Filmaufnahmen aus dem Eichmann-Prozess, die von Trotta behutsam mit Spielszenen montierte, erscheint der Massenmörder Eichmann als er selbst. Das gibt den Prozess-Szenen eine ungeheure Tiefe. Hannah Arendts Denken und Schriften sind auch heute noch brandaktuell, und man mag den Film als Plädoyer für autonomes Denken begreifen, das Hannah Arendt so meisterhaft beherrschte. Barbara Sukowa ist für ihre Darstellung der Hannah Arendt in Essen mit Standing Ovation auf die Bühne begleitet worden. Sie zeigt eine intellektuell brillante und schlagfertige, gleichsam bodenständige, unnachgiebige und witzige Hannah Arendt.

Auf die Frage, wie es gewesen sei, mit zwei starken Frauen zu arbeiten, punktete Axel Milberg: „Es ist wunderbar, meine Herren, probieren Sie es mal aus!"

BETTY SCHIEL

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