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Wendland (li.) und Voss (re.) diskutieren in der Rotunde
Foto: Martin Krämer

Sitzen verboten?

04. Mai 2013

Interventionen: Bermudadreieck-Rundgang mit Wendland und Voss

Etwa 80 Interessierte und Neugierige hatten sich am Sonntagnachmittag, den 25.4., am Konrad-Adenauer-Platz eingefunden, um sich mit Wolfgang „Wölfi“ Wendland, seines Zeichens Frontmann der Band „Kassierer“ und Lokalpolitiker, sowie Arnold Voss, Autor des Entwicklungskonzepts Bermudadreieck und Raumplaner, auf einen Rundgang durch das Bochumer Kneipenviertel zu begeben. Wo früher einmal das bunte Treiben verschiedener Subkulturen herrschte, ist nun eine zugepflasterte Gastronomielandschaft entstanden, in der sich abends Studenten, Fußballfans und Freundeskreise zu einem guten Tropfen und einem kleinen Happen treffen. Von jungen Leuten, die auf Bänken sitzen, zusammen Spaß haben und sich unter Umständen großzügig dem Alkohol widmen, ist nichts mehr zu sehen. Ist diese Entwicklung nun zu befürworten?

In der Anzahl dezimiert diskutierte man nach dem Rundgang in der Rotunde über die Entwicklung des Bermuda3ecks. Wendland und Voss machten es sich auf dem Sofa bequem und teilten ihre unterschiedliche Meinung zu Kultur, Kommerz und öffentlichen Raum. Der prägnanteste Punkt kam jedoch von einer Dame im besten Alter.

Wendland nahm in der lockeren Runde die Rolle des motzenden Pessimisten ein. Ob Kultur im Bermuda3eck nicht die Lösung sein könnte, um an diesem öffentlichen Raum zu partizipieren? Was ist schon Kultur, gab Wendland zurück. Ausstellungen von Bildern irgendwelcher Hausfrauen, ein Konzert von Hartmann zur Inklusion? So schön das für manche sei, aber Kultur noch lange nicht. Wenn sich Subkulturen organisieren, etwas auf die Beine stellten, gemeinsam zu Veranstaltungen führen, dann könne man von Kultur sprechen. Für das Bermuda3eck sieht Wendland bezüglich Partizipation ohnehin keine Zukunft. Dafür führten die Kneipen ein zu mächtiges Regime. Aber, räumte er ein, der Mangel an Kultur liege nicht nur an der Privatisierung des Bermuda3ecks. Kultur und Kreativität sei in der gesamten Stadt Bochum verloren gegangen. Es fehle einfach eine Szene. Aber auch Orte. Wenn eine befreundete Band ihn für einen Gig anschriebe, wüsste er gar keinen geeigneten Ort. Bis vor kurzem gab es wenigstens noch das Zwischenfall in Langendreer. Also alles „scheiße“?

Voss zeigte sich mit der Gesamtsituation im Bermuda3eck ebenfalls nicht völlig zufrieden, sah aber Kommerz und Kultur in Bochum weitaus weniger kritisch. Kommerz seien auch in der „alternativen“ Szene beliebte Kneipen wie die Goldkante und das Freibeuter. Kommerz sei tatsächlich fast alles. Vielmehr sieht Voss das Problem darin, dass die Plattform fehle, um die Nutzung des Bermuda3ecks öffentlich zu diskutieren. Daher können eigene Gestaltungsmöglichkeiten von vorneherein nicht zum Zuge kommen. Wenn jedoch auf die gesamte Stadt Bochum gesehen Räume entstehen, in denen Kultur sich breit macht, dürfe man keine elitären Ansichten wie Wendland dagegen anführen. Zu Kultur gehöre auch Mainstream, selbst wenn man ihm negativ gegenüber eingestellt ist. Generell müsse sich ein jeder in Bezug auf öffentliche Räume fragen, was man für die Grundbedürfnisse erwirken möchte und darüber hinaus für die Gemeinschaft.

Die meisten Anwesenden teilten nicht Wendlands Kulturdefinition, wohl aber die Ansicht, dass das Bermuda3eck mit seinen JunggesellInnenabschieden ein verlorener Raum sei, in der Kultur von unten nicht zugelassen werde. Eine Dame forderte treffend, worum es in Zukunft in der Reihe „Interventionen“ gehen könnte: Sie selbst würde sich nicht auf die Stühle am Konrad-Adenauer-Platz setzen, um sich auszuruhen und ein wenig zu gucken, während sie in der Stadt Besorgungen erledige. Sie habe, auch wenn dem nicht so ist, immer das Gefühl, dass sie dort etwas bestellen müsse. Die Schwellenangst sei auch einfach zu groß. Aber es sei zwingend notwendig, dass in der Stadt sowie in Stadtteilen Räume existieren, an denen Gemeinschaft und Lebendigkeit entstehen können.

LISA MERTENS

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