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In reger Diskussion: Meredith Haaf und Anja Backhaus
Foto: Benjamin Knoll

Bestandsaufnahme

26. Oktober 2013

Meredith Haaf im Café Kaldi Duisburg – Literatur 10/13

Die Lese- und Konzertreihe „Café Schlaflos“ erfreut sich großer Resonanz. Seit Mitte September wandert das Projekt durch die Ruhrgebietsstädte und überzeugt mit abwechslungsreichen Veranstaltungen das meist zahlreiche Publikum. Ein übergeordnete Thema, welches das Projekt zusammenhält, ist die Suche der jungen Generation nach einem eigenen Platz in einer sich ständig wandelnden Gesellschaft. Insofern legte die Lesung von Meredith Haaf den Finger direkt in die Wunde. In ihrem vorgestellten Buch „Heult doch – Eine Generation und ihre Luxusprobleme“ steht die Generation der in den 1980ern Geborenen auf dem Prüfstand. Der grundsätzliche Ansatz: Trotz schier unerschöpflicher Möglichkeiten der eigenen Lebensgestaltung, verfällt jene Generation in unpolitische Apathie, die sich durch die Suche nach Sicherheit, Kontinuität und übermäßiges Kommunizieren auszeichnet.

Gegen 20.30 Uhr schlossen die Türen des schnuckeligen Café Kaldis, gelegen im Eiland-Stadtteil Ruhrort der Pott-Stadt Duisburg. Im Inneren waren alle Plätze belegt. Gut 50 Personen hatten sich zur Lesung im kleinen Café zusammengefunden. Meredith Haaf war an diesem Abend nicht allein. Anja Backhaus, primär bekannt durch ihre Stimme beim Radiosender 1Live, war an diesem Abend so etwas wie der Sidekick der Münchner Autorin, die selbst mit 30 Jahren zur Zielgruppe ihres Buches gehört. Zwischen den Leseparts reflektierten die beiden Frauen das eben Gehörte und diskutierten es gemeinsam, was der mit 60 Minuten sehr kurzweiligen Veranstaltung zusätzliche Auflockerung verlieh. Haaf startete mit einem Kapitel über die Entpolitisierung ihrer Generation. Zwischen kaum fassbarer Globalisierung, 11. September, Wirtschaftskrise und schwarz gemalter Zukunft rettet sich der Mensch laut Haaf ins Internet und unterschreibt lieber virtuelle Petitionen zur Gewissensberuhigung während er an seinem Praktikumsbericht in London schreibt. Auf die Straße geht heute keiner mehr. Zu wenig Zeit, zu viele Ellenbogen, zu „out“ das klassische Demonstrieren. Und vor allem: zu komplex und ungreifbar erscheinen die geopolitischen Themen unserer Zeit.

Thematische Grundlage: „Heult doch“ von Meredith Haaf, Foto: Benjamin Knoll

Es folgten Ausflüge in die Kommuniziersucht der jungen Menschen. Diese ist vielleicht nur das Produkt der aufgelösten, tradierten Werte und der damit einhergehenden Mobilität und der allerorts spürbaren, lähmenden Zukunftsangst. Haaf beschrieb an diesem Abend primär. Die oft von Anja Backhaus erfragten Lösungen ließen größtenteils auf sich warten. Auch wenn es die Autorin nicht sieht: Ihr Buch wirkte eher wie eine Bestandsaufnahme und nicht wie eine kämpferische Anleitung zur Beseitigung der eigenen Apathie. Auch ein wenig mehr Differenzierung hätte nicht geschadet. Zeitweise konnte der Eindruck entstehen, dass allein die in den 1980ern datierte Geburt zu einem akademischem Grad, Weltreisen und bürgerlichem Familienidyll befähigt. Das ironischerweise zu 70 Prozent aus Ü45ern bestehende Publikum schien dies aber keineswegs zu stören. Für die meisten älteren Semester war die Lesung im Café Kaldi eine äußerst informative Lehrstunde zum besseren Verständnis ihrer Kinder.

Benjamin Knoll

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