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Das Kom(m)ödchen-Ensemble: Kühl, Maier-Bode, Graf und Seidel
Foto: Christian Rolfes

Wo die Neurosen sprießen

30. April 2015

Bei Eva Eiselt und dem Kom(m)ödchen gedeihen sie prima – Komikzentrum 05/15

Der Mai ist gekommen – und mit ihm das Fernweh. Väter jedweder Couleur nehmen den Himmelfahrtstag gerne zum Anlass, mit Bierfass und Schinkenschnitzel ins Grüne zu ziehen, Mütter müssen sich über selbst gebastelte Untersetzer freuen und Ochsen an Pfingsten über viele bunte Bänder an ihren Hörnern. So hat jeder was von der ins Blaue sprießenden Jahreszeit – frei nach dem Titel des dritten Solo-Programms von Eva Eiselt „Neurosen und andere Blumen“. Die gedeihen bei ihr jedenfalls prächtig.

Während die angekündigte Kabarettistin sich im Vollrausch befindet und deswegen nicht auftaucht, entert eine Reihe multidimensionaler Charaktere die Bühne. Dabei lotet Eiselt ihre diversen Figuren bis auf ihre zweifelhafte Identität aus, will herausbekommen, ob diese – frei nach Schopenhauer – am Ende nur als Vorstellung existieren: Gleich einem Vexierrätsel führt allein die Frage in die Irre. Nur Angie, die Kanzlerin, gibt es wirklich – und Mireille Mathieu. Muss man einfach gesehen haben. Zum Beispiel am 8. Mai im Bochumer Zauberkasten.

Ebenso wie das Gastspiel des Düsseldorfer Kom(m)ödchen-Ensembles im Oberhausener Ebertbad am 30. Mai. „Deutschland gucken“ heißt das Programm, in dessen Verlauf ein Männerabend aus dem Ruder läuft. Drei Mannsbilder haben sich bei Lutz aufs Sofa hingefläzt, um ein Fußballspiel anzuschauen – und starren frustriert auf einen defekten Bildschirm. Bis die attraktive Solveig auftaucht, eine ambitionierte Dokumentarfilmerin, die für eine Arte-Dokumentation ergründen will, ob es hierzulande so etwas wie einen neuen, fröhlichen Patriotismus gibt.

Womit die Männerrunde mit ihrer bis dato geltende Regel „keine Frauen“ bricht. Das von Dietmar Jacobs, Christian Ehring und Martin Maier-Bode geschriebene und mit boulevardesken Elementen angereicherte Stück lebt vom Zusammenprall unterschiedlicher Lebensentwürfe. Neben Bodo (Heiko Seidel), der zwar über ein dickes Bankkonto verfügt, aber mit einem sehr sparsamen geistigen Vermögen ausgestattet ist, spielt Lutz (Daniel Graf, der Neue im Ensemble) den intellektuellen Gegenpart, einen arbeitslosen Lektor, der vor Jahr und Tag das Manuskript einer englischen Hausfrau abgelehnt hat, in dem es um einen elfjährigen Jungen mit magischen Fähigkeiten ging.

Dieter (ebenfalls neu im Ensemble: Martin Maier-Bode) wiederum ist stolz darauf, ein Deutscher zu sein, versucht sich krampfhaft zu optimieren und muss mitansehen, wie seine Firma, die Kunstharz verstärkte Gelenkmodule („das sind keine Nippel“) produziert, aufgrund der Konkurrenz aus China insolvent zu werden droht. Richtig zur Sache geht es, als sich Solveig (Maike Kühl) zu dem Gespann gesellt, um das „total spannende soziale Phänomen Fußball“ zu ergründen. Langsam aber sicher blättert ihre hippe Fassade ab, hinter der eine frustrierte Vertreterin des medialen Prekariats zum Vorschein kommt.

Wobei der rote Faden der Story, die Hans Holzbecher mit viel Gespür für Timing und jeder Menge origineller Regie-Einfälle in Szene gesetzt hat, reichlich Gelegenheit zu Ausflügen in tagespolitisch aktuelle kabarettistische Gefilde bietet. Ein Abend, der nicht spurlos am Zuschauer vorbeigeht – schwört hoch und heilig Ihre stets über Tage lebende

ANNE NÜME

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