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Andy Zondag somewhere
Foto: Oliver Look

Strategisch mutierende Schnittstelle

24. September 2014

Die FAVORITEN2014, das Off-Theaterfestival in Dortmund – Prolog 10/14

Die Welt verändert sich. Wirklichkeit und Wahrnehmung auch. Zeit ist nicht mehr Zeit und Materie nicht mehr unhinterfragbar. Kein Wunder also, dass sich auch in den Künsten vieles in die Virtualität verschiebt, neue Denkmuster und Netzwerke ständig wechseln. Darauf muss auch ein Festival der Freien Szene reagieren. In der 16. Festivalausgabe seit Gründung im Jahr 1985 liegt ein Schwerpunkt der FAVORITEN 2014 deshalb auf dem Prinzip der Bezugnahme. Keine Auswahlverfahren, kein Wettbewerb. Dafür ein Vernetzungsprozess mit der Stadt, mit Orten und Akteuren, mit einem immer jünger werdenden Publikum, das traditionelle Parameter längst digitalisiert hat. Dennoch, Dortmund wird im Oktober wieder zum Zentrum eines spartenübergreifenden, zeitgenössischen Theaterprogramms. Die FAVORITEN feiern die heterogene freie Szene NRWs, zeigen aber auch interessante künstlerische Positionen aus der Region.

Wie weit die Dekonstruktion von Denkmustern gehen kann, zeigt Andy Zondag mit dem Musiker Stefan Kirchhoff, dem Dramaturgen Florian Wessels und der Lichtdesignerin Maika Knoblich. Produktive Selbstzerstörung nennen sie die Performance „somewhere“, in der sie die Muster ihrer Körperlandschaften auf einen Nullpunkt reduzieren, sodass dann selbst Bewegungslosigkeit neue Szenerien erzeugt, die zeit- und ortungslos für den Zuschauer erfahrbar werden sollen. Anlässlich des Theaterfestivals haben sie sich für eine erweiterte Wiederaufnahme entschieden, weiterprobiert an Modellen der konstanten Veränderung.

Ganz anders gehen Lukas und: Das Untier an die Realität. Poetisch und bedrohlich steht vor uns das Tier als Verwandter des Menschen. Es schaut uns an und wir stehen nackt vor ihm. Fünf Illusionswissenschaftler und ein Hund erschaffen tableaux vivants aus Requisiten, Bühnentechnik und Darstellerkörpern. Doch die Sicherheit im Zuschauerraum ist gefährdet: Schneller als man sich versehen kann, stecken alle mittendrin in der Menschenarena im Kampf um die Macht des Blicks und des Untiers, das ein (Un-)Behagen im gesamten Körper generiert.

In den beinahe drei Jahrzehnten seines Bestehens hat sich der Kontext des 1985 unter dem Namen Theaterzwang gegründeten NRW-Theaterfestivals kontinuierlich gewandelt, wie das Selbstverständnis der Freien Szene auch, die sich heute neuen Mustern der Verwirklichung stellt. Einen Überblick gibt traditionell das älteste deutsche Off-Theaterfestival, auch in seinen Workshops, wo ausgewählte Künstler eine Woche lang intensive Einblicke in ihre Arbeitspraktiken geben. Und es gibt etwas zu gewinnen. Das NRW Kultursekretariat (selbst gerade im Jubeljahr) stellt drei bis vier ausgewählten Künstlern oder Kollektiven aus dem Gastspielprogramm der FAVORITEN2014 ein Projektbudget zur Realisierung einer Recherche- oder Arbeitsphase zur Verfügung, die an eine bestehende oder zurückliegende Produktion aus dem Repertoire gebunden ist. Gekoppelt an eine in NRW ansässige Kulturinstitution soll diese bis Ende 2016 realisiert werden. Das Angebot löst das Auftrittsnetzwerk FAVORITEN ab und reagiert damit auf den Mangel an Fördermöglichkeiten für nachhaltige Produktionsprozesse. Recht so.

FAV14 | Sa 25.10. - Sa 1.11.| Festivalzentrum / MAO, Dortmund | www.favoriten2014.de

PETER ORTMANN

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