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Südsee meets Punk: "Tequila & the Sunrise Gang".
Foto: Maxi Braun

Punk's not dead but getting older

15. November 2012

“Less than Jake” spielen routiniertes Konzert in Zeche Bochum – Musik 11/12

Ob es an den Bläsern, dem Offbeat oder schlicht an den karibischen Wurzeln liegt: Ska-Musik macht glücklich. Draußen gefriert der eigene Atem bereits, drinnen bieten Chris Demakes, Roger Manganelli und Buddy Schaub ein fulminantes Unterhaltungstrio, flankiert vom Rest von „Less Than Jake“.

Kommunikation zwischen Bühne und Publikum ist immer so eine Sache: Manchmal ist es eine Wohltat, wenn ungelenke Leadsänger die üblichen Floskeln nach dem Motto „Ihr seid das beste Publikum der Welt!“ für sich behalten und schlicht Musik machen. Für Könner ist es die Kür eines jeden Konzerts. Chris beweist durchaus Stand Up-Qualitäten, wenn er Einzelne aus der skankenden, pogenden Masse pickt. Wehe denjenigen, die bewegungslos in der Ecke stehen oder ein „Flogging Molly“-Shirt tragen. Wer allerdings mit blankem Oberkörper und Prollsonnenbrille wie ein Doppelgänger aus der Realitysoap „Jersey Shore“ auftritt, hat ein bisschen Spott verdient. Wenn dieser auch dem deutschen Kulturkreis verborgen bleiben dürfte. Immerhin kramt Buddy Schub seine Deutschkenntnisse hervor (er kann Pils und Alt bestellen, natürlich) und seine Posaune macht auch den plattesten Gag schnell vergessen.

Zwischendurch auch mal Musik: "Less than Jake" in Bochum. Foto: Maxi Braun

Auf den Sound der Herren aus Gainesville ist eben Verlass. Selbst bei ruhigeren Songs wie „For the rest of my Life“ bilden sich moshpits. Stillstehen ist kaum möglich. Ob mittendrin oder in sicherer Entfernung, Beine und Arme werden beim Skanking geschmissen. Von alten bis neueren Stücken liefern „Less than Jake“ soliden Skapunk ab, der in seiner amerikanischen Spielart stets einen guten Anteil Pop enthält. Das Versprechen von Chris, nach dem Gig noch bis 2 Uhr nachts an der Theke mit den Fans zu saufen, klingt dennoch wenig überzeugend. Der Funke will nicht recht überspringen. Vielleicht liegt das auch daran, dass es Dienstag und nicht Samstag ist. Punk ist in der Tat nicht tot, wird aber scheinbar doch älter, wie die routinierte Hauptattraktion des Abends demonstriert.

Eine echte Überraschung bieten hingegen die Vorbands „Tequila & the Sunrise Gang“, Support bei allen drei Deutschlandgigs von „Less than Jake“, und „Idle Class“ aus Münster. „Tequila“-Sänger René Unger schießt wie ein Kugelblitz zwischen seinen acht Bandmitgliedern hindurch. Geht voller Inbrunst auf die Knie, tönt fast in Hardcore-Manier ins Mikro. Das verleiht dem Reggaesound der Kieler Ecken und Kanten. Mit Trompete, Posaune und Saxophon kommt der Ska dennoch nicht zu kurz. Irgendwie erinnert die wilde Mischung auf der Bühne an Zirkus, Bongos und Bässe lassen Südseefeeling auf Punk prallen. „Tequila & the Sunrise Gang“ stoßen da aber bereits auf ein gut aufgewärmtes Publikum, "Idle Class" sei Dank.

Die Münsteraner sind weniger Ska als purer Punkrock. Das Quintett liefert herrlich gradlinigen Oldschool-Punk. Dieser raue Charme ist dem gesanglichen Duo Benjamin Bunzel und Tobias Pelz sowie Drummer Stefan Langerer zu verdanken. Die beiden Gitarristen Daniel Georgiou und Josua Rieber besorgen akrobatische Sprünge und Riffs. Ohne Umwege und schön schnörkellos geben "Idle Class" derart Gas, dass sie sich wohl bald einen eigenen Support werden suchen müssen. Die hochkarätigen Vorbands verwandeln den ansonsten eher vorhersehbaren Konzertabend in eine echte Überraschung.

Maxi Braun

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