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Leben zeichnen

26. März 2015

Kunst aus Israel in Mülheim – RuhrKunst 04/15

Erstaunlich, was Zeichnung alles ist. Sie kann unmittelbare, spontane Geste sein wie auch tastende Aneignung. Sie steht knapp und krude auf der Fläche und dann wieder formuliert sie räumliche Tiefe. Sie besteht aus den Strichen für Barthaare, kann opulent die Grenze zur Malerei überschreiten und sich mit der Collage verbünden und sogar Skulptur sein. Oder sie liegt im Video als gemächliche Bewegung vor: In der eindrucksvollen Ausstellung „Konturen des Alltags“ im Kunstmuseum Mülheim handelt es sich um das Auflösen von Teeblättern. Dahinter ist, auf Abstand gerückt, die Kulisse der Stadt Tel Aviv zu sehen. Die statische Perspektive – eine Kamera filmt durch ein Teeglas – verhält sich zwischen träumerischer Poesie und harter historischer Erinnerung, dann wenn wir die dunklen Partikel als Fetzen verbrannten Papiers deuten. Aber das ist nur eine, eher diskrete Ebene dieser Ausstellung von vier etablierten Künstlern der mittleren bis jungen Generation aus Israel. Die andere, deutlichere Ebene ist der Alltag mit seinen zwischenmenschlichen Beziehungen, aber auch der prekären, von Krieg und Konflikten gekennzeichneten Gegenwart Israels. Zeichnung wird hier zum geeigneten Medium, mitunter auch Psychogramm, so auch im Kunstmuseum in der Alten Post.

Initiator der Ausstellung ist der in Duisburg lebende Gil Shachar. In Mülheim zeigt er seine hyperrealistischen Abgüsse von Büsten und von teils eingerissenen Papieren, auf welche er Schattenporträts gezeichnet hat. Yoav Efrati ist mit einer lapidaren Zeichnungsserie vertreten, welche Streit, Harmonie und Rollenverhalten im familiären Bereich vor Augen führt. Yitzhak Golombek eignet sich die Alltagswelt mit frei umkreisenden Zeichnungen und plastischen Anordnungen gewöhnlicher Gegenstände an. Und Talia Keinan, von der auch das Video stammt, zeichnet virtuos Transformationen, die in ihrer unglaublichen Schönheit niemals nur sind, was sie vorgeben. Im Kunstmuseum Mülheim zeigt die „Kunst aus Israel“ nicht das, was wir reflexartig annehmen, aber sie schließt es auch nicht aus.

„Zeitgenössische Kunst aus Israel“ | bis 26.4. | Kunstmuseum Mülheim a.d. Ruhr | 0208 455 41 38

THOMAS HIRSCH

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