Lange hat man keine Werke des Düsseldorfer Malers und Fotografen Jürgen Karius gesehen – umso erfreulicher ist nun die Schau, die ihm das Kunstmuseum Mülheim ausrichtet. Die Ausstellung stellt die richtigen Fragen, sie präsentiert das Werk so, dass es sich nicht illustriert, sondern sich die verschiedenen Bereiche bestätigen und verstärken. Bei Karius heißt das: Die Fotografien sind getrennt von den Malereien und Zeichnungen ausgestellt, nämlich im graphischen Bereich des ersten Obergeschosses in der Alten Post. Erst einmal gibt es die Malereien zu sehen, die, abstrakt und in freier Konstruktivität, nichts als Balken und rechte Winkel zeigen, welche sich umeinander legen. Teils sind diese Arbeiten aus mehreren Blättern zusammengesetzt, was den Eindruck des Flimmernden, des Sukzessiven und des Durchspielens einer Gestimmtheit steigert. Die lichthellen breiten Striche kennzeichnet eine pastellfarbene bröselnde Substanz, die mit dem Bestimmten der Setzung in freiem Rhythmus und einer großen Konzentriertheit im Auftritt einher geht. In Vitrinen sind zudem Zeichnungen und Skizzen ausgestellt, die unterstreichen, wie sorgfältig Karius sein Alphabet erarbeitet hat und einsetzt; daneben finden sich – als Quellen früherer Arbeiten – Zeichnungen mit der Anmutung von Blüten und Scherenschnitten. Die neueren Blätter aber werfen vielleicht eine Ahnung von Landschaft und Architektur auf.
Vor diesem Hintergrund überraschen die Fotografien in der Konkretheit und Nüchternheit ihrer Motive. Sie sind in s/w aufgenommen, der schwarze Papierrand definiert sie als Ganzheit. Aufgenommen im Außenraum mit einer gewissen gesteuerten Absichtslosigkeit, zeigen sie Situationen in unterschiedlichen Städten und Landschaften. Gemeinsam aber haben diese Fotografien die Reduziertheit der Darstellung und die Perspektive oft mit Unter- und Fernsichten. Es geht Karius vor allem darum, die Strukturen der sichtbaren Welt zu bannen: ihre Organisation und ihre Funktionsweisen offenzulegen. Eine gute Ausstellung, die leider bald vorbei ist.
Karius – Natur Landschaft Abstraktion, bis 3. Juli im Kunstmuseum in der Alten Post in Mülheim a.d. Ruhr, www.kunstmuseum-mh.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen?
Als unabhängiges und kostenloses Medium ohne paywall brauchen wir die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser. Wenn Sie unseren verantwortlichen Journalismus finanziell (einmalig oder monatlich) unterstützen möchten, klicken Sie bitte hier.
Viel zu tun
RUB-Sammlungen im MuT Bochum – Ruhrkunst 07/25
Nachtspaziergang im Keller
„Light-Land-Scapes“ in Unna – Ruhrkunst 07/25
Women first!
Judy Chicago in Recklinghausen – Ruhrkunst 06/25
In der Kunstküche
„Am Tisch“ und Medienkunst im Dortmunder U – Ruhrkunst 06/25
Einflüsse verschmelzen
Nadira Husain im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 05/25
Bewegung und Berührung
Eva Aeppli und Jean Tinguely in Duisburg – Ruhrkunst 05/25
Hannibal, ungeschönt
Latefa Wiersch im Dortmunder Kunstverein – Ruhrkunst 03/25
Nudel, Mops und Knollennase
Loriot in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Ruhrkunst 03/25
Wovon Bunker träumen
„Radical Innovations“ in der Kunsthalle Recklinghausen – Ruhrkunst 02/25
Gewebt, geknüpft, umwickelt
Sheila Hicks in Bottrop – Ruhrkunst 02/25
Auf Augenhöhe
Deffarge & Troeller im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/25
Runter von der Straße
Graffiti-Künstler im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 01/25
Strich für Strich
„Zeichnung: Idee – Geste – Raum“ in Bochum – Ruhrkunst 12/24
Die Dinge ohne uns
Alona Rodeh im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 12/24
Keine falsche Lesart
Ree Morton und Natalie Häusler im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 11/24
Hinter Samtvorhängen
Silke Schönfeld im Dortmunder U – Ruhrkunst 11/24
Gelb mit schwarzem Humor
„Simpsons“-Jubiläumschau in Dortmund – Ruhrkunst 10/24
Die Drei aus Bochum
CityArtists in der Wasserburg Kemnade – Ruhrkunst 09/24
Roter Teppich für das Kino
Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 08/24
Lebendige Zeitgeschichte
Marga Kingler im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 07/24
Happy End
Ausstellung über Glück in Bochum – Ruhrkunst 07/24
Alle für einen
Matthias Wollgast im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 06/24
Im Bann der Impulse
„Radiant“ im Lichtkunstzentrum Unna – Ruhrkunst 06/24
Hin und weg!
„Ferne Länder, ferne Zeiten“ im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 05/24
Leben in der Wüste
Namibia-Ausstellung im Naturmuseum Dortmund – Ruhrkunst 05/24