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Wolfram Maria Märtig
Foto: Franz Pfluegl

Grund des Vergessens: Rassismus

04. März 2024

Oper von Joseph Bologne am Aalto-Theater Essen – Oper in NRW 03/24

Er besiegte die besten Fechter seiner Zeit, er führte den Geigenbogen virtuos wie kein Zweiter, er gehört zu den Pionieren des Streichquartetts in Frankreich und er brillierte als Komponist mit über 200 Werken, darunter 14 Violinkonzerte und sechs Opern. Warum also ist Joseph Bologne, „Chevalier de Saint-Georges“, so unbekannt, obwohl sein 1745 begonnenes Leben sogar in Novellen und (Künstler)-Romanen beschrieben wurde? Der amerikanische Musikwissenschaftler Marc Clague nennt den nicht überraschenden Grund für das Verschwinden Bolognes aus der Musikgeschichte: Rassismus.

Joseph Bologne war der Sohn eines reichen französischen Pflanzers und einer jungen Frau namens Anne, genannt „Nanon“, einer schwarzen Sklavin aus dem Senegal. Auf der Karibikinsel Guadeloupe geboren, kam er mit sieben Jahren nach Frankreich, um die klassische Ausbildung eines jungen Edelmanns zu erhalten. Zehn Jahre später trat der erfolgreiche Fechter als Geigenvirtuose hervor und etablierte sich ab 1773 mit eigenen Violinkonzerten und einer ersten Serie von sechs Streichquartetten in der Pariser Musikszene.

Seine Oper „L‘amant anonyme“ (nach dem Schauspiel „Der Liebhaber ohne Namen“ von Stéphanie Félicité de Genlis) schrieb er 1780 – also noch vor Mozarts großen Opern – für das Privattheater der Madame de Montesson, der Frau des Herzogs von Orléans. Der Witz an der an sich harmlosen Geschichte zweier Liebespaare ist, dass der Verehrer der jungen Witwe Léontine, Valcour, sich seine Gefühlenicht eingestehen kann undihr daher anonym Briefe und Geschenke zukommen lässt, bis der wissende und vermittelnde Freund Ophémon beiden hilft, ihre Ängste und Vorbehalte zu überwinden.

Am Aalto-Theater kommt die Oper als ein Beteiligungsprojekt mit Essener Musikern, Ensembles sowie Bürgerinnen und Bürgern der Stadt auf die Bühne. Im Rahmen des Projekts Aalto:StartUp entwickeln die ungarische Regisseurin Zsófia Geréb und der Schweizer Regisseur Alvaro Schoeck eine partizipative Opernproduktion. Der in Düsseldorf lebende junge Komponist SJ Hanke trägt dazu von Bologne inspirierte neu komponierte Musik bei. Das Bühnenbild von Ivan Ivanov (nach Frank Philipp Schlößmann) wurdevon Mitwirkenden eines Fotografie-Workshops mitgestaltet. Am Pult der Essener Philharmoniker steht Erster Kapellmeister Wolfram-Maria Märtig.

L‘amant anonyme oder Unerwartete Wendungen | 16. (P), 21.3, 14., 20.4., 3., 15.5., 7.6. | Aalto-Theater Essen | 0201 812 22 00

Werner Häußner

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