Wenn man eine monatliche Kolumne hat, dann hängt man immer ein wenig hinterher. Wenn ihr das hier lest, dann sind Wochen vergangen, seit ich das geschrieben habe. Ich schreibe quasi in einer ganz anderen Zeitzone, jenseits jeglicher Datumsgrenzen – und ich schreibe direkt in die Zukunft hinein.
Wer weiß, ob mittlerweile eine Alien-Invasion oder die Zombie-Apokalypse stattgefunden hat – oder beides – und ihr euch beim Lesen denkt: Was macht der hier Witze über Justin Bieber, während mir ein halb verwester Mutant vom Mars den Denkschwamm aus dem Schädel knuspert?
Andererseits: Wenn ihr entspannt Kolumnen lesen könnt, während ihr es euch an die Kartoffel geht, dann hat das doch auch etwas Tröstliches.
Gehen und gegangen werden
Da wäre es fast schon schade, wenn alles ungefähr so weitergeht, wie es im Moment läuft. Das würde allerdings auch bedeuten, dass um euch herum niemand mehr einen wichtigen Posten innehat, weil alle zurückgetreten sind und all ihre Titel abgegeben haben.
Das geht ja auf keine Walfischflosse mehr, was hier bei uns in der Vergangenheit gerade los ist: Lance Armstrong, Annette Schavan und jetzt auch noch der Papst. Alle weg!
Über Lance Armstrong habe ich ja letzten Monat schon geschrieben, mittlerweile ist mir übrigens klar geworden, wie man ihn bestrafen könnte: Er sollte zur Strafe Markus Lanz heiraten müssen. Dann würde er nämlich Lance Lanz heißen. Gefeiert wird bei Carsten Maschmeyer und Veronika Ferres zu Hause – nicht nur, weil die sich mit Zurückgetretenen auskennen, sondern auch weil Maschmeyer dann den schönen Satz rufen kann: „Veronika, der Lance ist da.“
Annette Schavan ist ihren Titel auch los – im Gegensatz zu Armstrong nur einen, aber als Bildungsministerin musste sie trotzdem zurücktreten. Ich habe auf Facebook folgenden Kommentar gelesen: „Ist doch egal, dass die kein Doktor mehr ist. Die kann doch weiter Regierung machen. Geht man halt zu einem anderen Arzt.“
Wenn man das liest, wird allerdings regelrecht greifbar, dass etwas im Bildungsbereich falsch läuft – ob es nun am mangelnden Doktortitel von Frau Schavan liegt, oder nicht.
Snuggles, Oetker und Spielchen
Papst Benedikt, der XVI., hat hingegen weder bei seiner Doktorarbeit nicht nach wissenschaftlichem Standard gearbeitet, noch hat er auf Droge eine Fahrradtour gemacht. Er ist einfach so zurückgetreten, vermutlich, weil er in Anbetracht der gegenwärtigen Rücktrittswelle nicht der Letzte im Amt sein wollte.
Aber wie gesagt, wenn ihr das hier lest, ist nach meinen Berechnungen ohnehin jeder aus jedem Amt zurückgetreten. Und die entstandene Anarchie haben dann Alien-Zombies als ideale Situation für ihre Invasion erkannt. Aber wem sage ich das?
Immerhin wisst ihr jetzt wenigstens, wie es genau dazu kam, dass euch gerade der Denkschwamm aus dem Schädel geknuspert wird.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Bis zur Neige
„Der Durst“ von Thomas Dahl – Literatur 06/25
Im Reich der unsichtbaren Freunde
„Solche Freunde“ von Dieter Böge – Vorlesung 07/25
Ein Hund als Erzähler
„Zorro – Anas allerbester Freund“ von Els Pelgrom und Sanne te Loo – Vorlesung 06/25
Flucht ins Metaverse
„Glühfarbe“ von Thea Mantwill – Literatur 06/25
Ein Leben, das um Bücher kreist
„Roberto und Ich“ von Anna Katharina Fröhlich – Textwelten 06/25
Hartmut und Franz
Oliver Uschmann und sein Roman über das Verschwinden von Kafka – Literaturporträt 06/25
Die Spielarten der Lüge
„Die ganze Wahrheit über das Lügen“ von Johannes Vogt & Felicitas Horstschäfer – Vorlesung 05/25
„Charaktere mit echten Biografien“
Oliver Uschmann über seinen Roman „Ausgefranzt“ – Literatur 05/25
Starkregen im Dorf der Tiere
„Der Tag, an dem der Sturm alles wegfegte“ von Sophie Moronval – Vorlesung 05/25
Im Fleischwolf des Kapitalismus
„Tiny House“ von Mario Wurmitzer – Literatur 05/25
Ein Meister des Taktgefühls
Martin Mosebachs Roman „Die Richtige“ – Textwelten 05/25
Die Unschärfe der Jugend
Diskussion über junge Literatur im Essener KWI – Literatur 04/25
Die Kunst der zärtlichen Geste
„Edith“ von Catharina Valckx – Vorlesung 04/25
Unglückliche Ehen
„Coast Road“ von Alan Murrin – Literatur 04/25
Über Weltschmerz sprechen
„Alles, was wir tragen können“ von Helen Docherty – Vorlesung 04/25
Erinnerungskultur
Gegen Vergessen und für Empathie – ComicKultur 04/25
„Die großen Stiftungen scheinen es nicht zu kapieren“
Gerd Herholz über sein Buch „Gespenster GmbH. Interventionen aus dem Ruhrgebiet“ – Interview 04/25
Ein wunderbarer Sound
Natalia Ginzburgs Roman „Alle unsere Gestern“ – Textwelten 04/25
Verlustschmerz verstehen
„Als der Wald erwachte“ von Emma Karinsdotter und Martin Widmark – Vorlesung 03/25
Cool – cooler – Aal
„Egal, sagt Aal“ von Julia Regett – Vorlesung 03/25
Aus dem belagerten Sarajevo
„Nachtgäste“ von Nenad Veličković – Literatur 03/25
Der legendäre Anruf
Ismail Kadares Recherche über Stalin und Boris Pasternak – Textwelten 03/25
Die Geschichte der Frau
Ein Schwung neuer feministischer Comics – ComicKultur 03/25
„Afrika ist mehr als Hunger und Krieg“
Autor und Influencer Stève Hiobi über sein Buch „All about Africa“ – Interview 02/25
Zwei Freunde
„Am Ende der Welt“ von Anna Desnitskaya – Vorlesung 02/25