Die eine Ausstellung zu Hans-Jürgen Schlieker ist gerade zu Ende gegangen, die andere läuft noch. Das Kunstmuseum Bochum hat seine Bilder um 1960 ausgestellt und im Schlieker-Haus, das ihm zu Ehren in seinem Atelier in Bochum-Hustadt eingerichtet wurde, sind die Gemälde auf Leinwand und Papier der letzten Jahre zu sehen. Es macht durchaus Sinn, Hans-Jügen Schlieker, der 1924 in Ostpommern geboren wurde und 2004 in Bochum gestorben ist, auf diese Weise vorzustellen. 1951 ist Schlieker nach dem Kriegsdienst und dem Studium an der Kunstakademie Hamburg nach Bochum gezogen, wo er Ende der 60er Jahre das Musische Zentrum der Ruhr-Universität gründete und jahrelang leitete. Aber über diese Bedeutung im Ruhrgebiet hinaus hat sich Schlieker als einer der wichtigen deutschen Maler des Informel etabliert – das wird jetzt, zehn Jahre nach seinem Tod und nachdem diese Strömung zur neuesten Kunstgeschichte gezählt wird, ein weiteres Mal deutlich.
Über die Gegenständlichkeit und die Landschaftsbeobachtung ist Schlieker im Laufe der 60er Jahre zur gestisch abstrakten Malerei gelangt. Nachdem er sein Sehen zunächst an der Industrie und der Rauheit des Ruhrgebietes geschult hat, wird für ihn zunehmend die Natur wichtig, insbesondere die Struktur eines Baumes oder eines Astes oder das dunkle, amorphe Kontinuum des Moors – immer wieder durchfurchen in seinen teils riesigen, mehrteiligen Gemälden einzelne breite Striche das massig farbige Bildgeschehen: Sie sind sowohl gegenständlich als auch ungegenständlich zu lesen, handeln mit Licht und der Verschattung und bleiben doch frei gestische Malerei. Schlieker ist damit ausgesprochen souverän umgegangen; das ermöglichte ihm im Spätwerk auch, mitunter wieder stärker zur gegenständlichen Beschreibung zurückzukehren. Deutlich wird dies nun im Schlieker-Haus, welches die verschiedenen Bildlösungen nebeneinander präsentiert. Weil Sommer ist, hat diese schöne, für Bochum so wichtige Institution vielleicht doch nicht ganz so regelmäßig geöffnet wie sonst – deshalb: vorher anrufen, um diese anregende Ausstellung zu sehen.
„Hans-Jürgen Schlieker−Nach 2000“ | verlängert bis 31.8. | Schlieker-Haus Bochum | 0234 978 95 11
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Utopie und Verwüstung
„The Paradise Machine“ in Dortmund – Ruhrkunst 04/24
Ins Blaue
„Planet Ozean“ im Gasometer Oberhausen – Ruhrkunst 04/24
Intensive Blicke
Fotografin Annelise Kretschmer im MKK Dortmund – Ruhrkunst 03/24
Kultige Cover
Designagentur Hipgnosis in Oberhausen – Ruhrkunst 03/24
Unter unseren Füßen
Archäologie der Moderne im Ruhr Museum – Ruhrkunst 02/24
Diplomatie kreativ
Ingo Günther im Kunstverein Ruhr in Essen – Ruhrkunst 02/24
Ausdruck der Zeit
Expressionismus-Sammlung im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 01/24
Visionen von Gemeinschaft
„Wir ist Zukunft“ im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/24
Das bisschen Haushalt …
„Kochen Putzen Sorgen“ im Quadrat Bottrop – Ruhrkunst 12/23
Unorte im Fokus
„Die Stadt ist anderswo“ im Bochumer Museum unter Tage – Ruhrkunst 12/23
Konkret gemalt
„Colours and Lines in Motion“ in Gelsenkirchen – Ruhrkunst 11/23
Auf nach Phantásien!
Illustrationen zu Michael Endes Geschichten in Oberhausen – Ruhrkunst 10/23
Im Herzen des Bunkers
Marianne Berenhaut in Recklinghausen – Ruhrkunst 09/23
Zur Liebe
„love/love“im Künstlerhaus Dortmund – Ruhrkunst 09/23
Auf Zeitreise
„Ein Blick zurück“ im Lehmbruck Museum in Duisburg – Ruhrkunst 09/23
Wege der Landschaftsdarstellung
Sven Drühl in Oberhausen – Kunst 08/23
Futter fürs Bildgedächtnis
Pixelprojekt-Neuaufnahmen in Gelsenkirchen – Ruhrkunst 08/23
Subversive Geister
Nils Alix-Tabeling in Dortmund – Ruhrkunst 08/23
Digital natürlich
New Now Festival auf Kokerei Zollverein – Ruhrkunst 07/23
Tauchgänge
„Diving into Art“ in Bochum – Ruhrkunst 06/23
Kompatibel mit Museum
Rafaël Rozendaals NFTs in Essen – Ruhrkunst 05/23
Alle mal spielen!
Takako im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 05/23
Was uns die Algen singen
Stolzer & Rütten im Dortmunder U – Ruhrkunst 05/23
Weltreise digital
Daniela Comani im Museum Folkwang – Ruhrkunst 04/23
Aus dem Eis
Video-Installationen aus Spitzbergen in Recklinghausen – Ruhrkunst 03/23