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Kaum verzieht sich der Sommer klopft der Herbst an die Tür

Eine Mischung aus Sommer und Herbst: Sombrst

25. August 2011

Sebastian23 zählt an: Zwölf – die Video-Kolumne – Poetry 09/11

Manchmal hängt die Wolkendecke so tief, dass die Leute gebeugt gehen müssen. An einem solchen Morgen trug ich einst meinen Kopf durch Kreuzberg. Die Nächte dort sind lang und im Herbst werden sie sogar noch länger. Die Bürgersteige waren eine Hügellandschaft, überall mannshohe Hundehaufen, die ich missmutig umrundete. Auf einem der Gipfel entdeckte ich dabei eine holländische Wandergruppe beim Picknick. Und als ich mich grade darüber wundern wollte, näherte sich unerwartet durch einen Tunnel in einem der Berge ein schlafwandelnder Weinkellner. „Der September ist ein Sommermonat“, sagte der somnambule Sommelier. „Ruf nicht nach dem Herbst, sonst kommt er noch! Bedenke meine Worte: Es ist noch Hochsommer!“

Dann traf ihn eine faustgroße Schneeflocke am Kopf. Er ging zu Boden, wurde aber nach wenigen Momenten von zwei Pinguinen aufgehoben und in eine Höhle gebracht. Einer der Pinguine hat mir so seltsam zugezwinkert, das hat mir den Klimawandel auch nicht grade weniger unheimlich gemacht.

Bier und Ta-Back
Aber ich hatte keine Zeit, darüber zu grübeln, ich setzte meinen Weg fort, denn ich war natürlich nicht ohne Mission unterwegs. Ich hatte Brötchen zu holen. Und so betrat ich schon kurz darauf die Bäckerei mit dem schönen Namen „Bier und Ta-Back“.

In der Auslage fand ich ein Schild auf dem stand: „Auf Wunsch werden auch belegte Brötchen nachgemacht.“ Da sah ich die Bäckereifachfrau mit dem Vollbart sehr gründlich an und sprach: „Machen sie mir doch mal ein Salamibrötchen nach.“ Sie jedoch sah mich an, als wolle sie gleich Mike Tyson nachmachen, der Evander Holyfield das Ohr abbeißt. „Käsebrötchen?“ hakte ich nach. Sie hob langsam den rechten Arm und zeigte mit spitzem Finger auf die Tür. Ich senkte meinen Kopf und murmelte beim Verlassen des brotigen Etablissements Verwünschungen vor mich hin.

Lass uns über das Wetter schweigen
Doch welch Wendungen hat das Schicksal manchmal für uns parat! Als ich auf die Straße trat, hatte sich die Wolkendecke verzogen und von stahlblauem Himmel ballerte die Sonne herab wie eine Frustabwehrkanone. Ich schöpfte ein gerüttelt Scheffel frischen Mut und wollte grade weiter ziehen, als vor meinen Füßen zwei geschmolzene Pinguine vorbeiflossen. Sie sickerten wirbelnd in einen nahegelegenen Gulli. Es ist eine Unverschämtheit der Schöpfung, dass die Welt dem Klima ausgesetzt ist, dachte ich. Ich komme doch auch ohne Wetter aus.

Mein Blick fiel auf die Berglandschaft aus Hundekot, von der eine holländische Wandergruppe fluchend herabeilte. „Potverdikkie! Alles pet! Rotzooi, verdomme! De bergen smelten!“ Einen Moment lang dachte ich noch „Klar smellen die Berge, die sind aus Hundekacke“, aber dann wurde mir klar, dass „smelen“ in Wirklichkeit „schmelzen“ heißt. Und mir fiel eine Schlagzeile ein, die ich mal in der BILD-Zeitung gesehen hatte:

„Eine Durchfallwelle schwappt durch Deutschland.“

So ist das mit dem Sommer und dem Herbst. Am besten, man hält stets Fenster und Türen geschlossen.

FOTO/TEXT: SEBASTIAN23

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