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„Sin Sisters – In Betrachtung des Mondes“
Foto: Diana Küster

Der Weg ist das Ziel

26. März 2015

„Club in der Psychiatrie“ im Bochumer Theater Unten in Bochum – Theater Ruhr 04/15

Eigentlich ist das eine Therapiesitzung, denke ich noch, als das Licht angeht und vor mir der „Club in der Psychiatrie“ in einem Sammelsurium von Mobiliar hockt, liegt, herumsteht. Doch dann geht das Licht wieder aus und der alte Mann im Mond hockt im Frack auf einer Schaukel und macht den Erzähler. Fehlerfrei, abgekocht, wunderbar. Tatsächlich eine Kooperation mit Patienten und Mitarbeitern der Bochumer Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin? Das Stück „Sin Sisters – In Betrachtung des Mondes“ ist eine Uraufführung. Geschrieben hat es die Dramaturgin und Theaterpädagogin Verena Meyer, inszeniert wurde es von der Theatertherapeutin Sandra Anklam. Und es soll wohl auch eine Therapie sein – eine gelungene.

Es geht intensiv um die Laster der Menschheit. Hochmut, Neid, Habgier, Faulheit. Alle auf der Bühne im kleinen Theater Unten können etwas dazu sagen, haben ihre Erfahrungen und auch das Talent, dies vor Publikum zu kommunizieren. Sie waren da, „ganz unten, wo die Scheiße ist“, sie glauben nicht, dass Trägheit eine Sünde ist, und doch, irgendwie scheinen alle von ihren Erinnerungen getrieben einen neuen Morgen zu erhoffen. Sandra Anklam inszeniert behutsam auf einem riesigen Flokati, bricht die Szenen geschickt mit liebevoll unbeholfener Choreografie, lässt dabei dem Einzelnen viel Raum, viel Bewegung in der Gruppe.

Nichts im Leben hat Bedeutung, diese Zen-Weisheit an diesem Abend zu hören, macht nachdenklich, während im Hintergrund leise „Hurt“ von den Nine Inch Nails in der Johnny-Cash-Version tönt. „I focus on my pain, the only thing that‘s real“. Die Zeile fällt mir ein, während sich die Gruppe auf den Weg macht, um einen Berg zu besteigen, angetrieben von „der Einen“. Ein beschwerlicher Weg, alle Krankheiten zu überwinden. Doch er wird geschafft, und es ist nicht das Ende. Manche wollen weiter ins gelobte Land, andere auf der Spitze bleiben. Einige allerdings machen sich auf den Rückweg in die Sicherheit. Auch das ist wie im richtigen Leben. Der Mann im Mond kann davon berichten.

„Sin Sisters – In Betrachtung des Mondes“ | R: Sandra Anklam | Fr 27.3., Sa 28.3.19 Uhr | LWL-Universitätsklinikum, Bochum | 0234 50 77 13 21

PETER ORTMANN

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