Unsere große kleine Farm
USA 2018, Laufzeit: 91 Min., FSK 0
Regie: John Chester
>> www.unsere-grosse-kleine-farm.de
Doku über ein biodynamisches Lebensprojekt
Heile Welt
„Unsere große kleine Farm“ von John Chester
Als John und Molly Chester das Apartment gekündigt bekommen, weil ihr Hund ständig bellt, verwirklichen die Kalifornier kurzerhand ihren Traum: Sie erwerben 81 Hektar brachliegendes Land und errichten sich dort einen traditionellen Bauernhof. Tatkräftig unterstützt wird das Paar dabei durch einen Investor, durch Landarbeiter, Praktikanten und einen Experten für biodynamische Landwirtschaft. Die tote Erde ist eine große Herausforderung. Erschwerend kommt hinzu, dass die Chesters nicht regulierend eingreifen wollen. Das Paar setzt auf ursprüngliche Vielfalt, und da haben eben auch Kojoten und Schädlinge ihren Platz. Doch genau das hat schließlich vor langer Zeit ohne den Faktor Mensch schon sehr gut funktioniert. Acht Jahre lang begleitet John Chester das Projekt mit der Kamera. Heute ist das Gut eine Vorzeigefarm, die – fernab von Monokultur, Regulierung und Pestizid – Flora, Fauna und Mensch gleichermaßen zu Nutznießern macht.
Nun könnte man diesen Dokumentarfilm als oberflächlichen, amerikanisch verklärten „Yes we can“-Motivationsstreifen abtun. Ein Hindernis ist nie eine Hürde, sondern ein „Problem mit einer Chance“. Und dass sich Regisseur John Chester äußerst sprunghaft durch die acht Jahre Aufbauarbeit zappt, verleiht selbst den größten Herausforderungen immer eine gewisse Leichtigkeit, nichts wird hier vertieft. Die Gattin schwärmt davon, sie besäßen alle Tiere, „die im Bilderbuch vorkommen“ – ihr gelernter Kamera-Mann liefert Bilderbuchbilder dazu. Eine heile Welt, in der Optimismus regiert, irgendwo angesiedelt zwischen Urlaub auf dem Bauernhof und „Wir Kinder aus Bullerbü“. Vor allem aber fehlt die globale Einordnung: Inwiefern kann dieses gelungene Experiment Vorbild sein für unsere Erde im Zeitalter des Klimawandels? Bekommt man mit derlei ehernen Ansatz die gesamte Menschheit satt? Und jetzt lesen Sie bitte weiter, denn wir empfehlen diesen Film.
„Unsere große kleine Farm“ ist nämlich weit mehr als eine Bilderbuch-Floskel. John Chester geht es schlichtweg nicht um Details. Der Do-it-yourself-Farmer will keinen Baukasten zur Rettung der Welt liefern, sondern eine Lebensphilosophie vermitteln, und das im doppelten Sinn: So geht es hier nicht nur darum, inwiefern sich Leben und Denken der Chesters durch ihren Ausstieg verändert haben. Vor allem bringt uns der Film die Philosophie des Lebens, unseres Ökosystems nahe. Und das macht den Film äußerst wertvoll. Chester legt anschaulich dar, wie Natur funktioniert. Und auch wenn er mal widerwillig wegen eines Kojoten zum Gewehr greift, offenbart sich hier vor allem eines: die Größe unsere Ökosystems, die auf Balance und Selbstregulierung basiert. Chester erzählt, wie der Mensch davon profitieren kann: Beobachten, abwarten und kreativ verarbeiten. Und der oben gescholtene Optimismus ist dabei durchaus Teil des Ganzen. Punktabzug für gelegentliche „Amazings“, Knopfaugen und arg private Einblicke – aber die Botschaft stimmt. Und dass vor allem eines zählt: machen!
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