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Foto: Mira Moroz

„Wir haben für alle Zeit genug Straßen“

30. Januar 2014

Andreas Fritzen über weitsichtige Verkehrspolitik – Thema 02/14 Mobilität

trailer: Herr Fritzen, benötigen wir mehr Straßen?
Andreas Fritzen:
Keinesfalls. Deutschland ist so gut versorgt, dass wir für alle Zeit genug Straßen haben.

Das sieht derjenige, der im Stau steht, vielleicht anders?
Das ist ein subjektiver Eindruck. Die Straßen sind nur kurze Zeit an wenigen Orten voll. Durchschnittlich sind unsere Straßen sehr leer. Dazu kommt, dass die jetzige Art ein Auto zu benutzen, also ein Fahrer pro Fahrzeug, sich überlebt hat. Wir müssen aufpassen, dass wir durch weiteren Straßenbau nicht eine Infrastruktur schaffen, die wir in 20 Jahren gar nicht mehr brauchen. Wir müssen mehr auf den Öffentlichen Personennahverkehr setzen, weil dieser weniger Energie und Fläche verbraucht als der Individualverkehr. Dies gilt besonders für dichtbesiedelte Gebiete wie das Ruhrgebiet. In ländlichen Regionen mag es schwieriger sein, auf das Auto zu verzichten. Dort gibt es aber auch weniger Staus.

Wie wollen Sie die Menschen dazu bringen, nicht mehr allein in einem großen Auto zu fahren?

Prof. Dipl.-Ing. Andreas Fritzen
Foto: privat

Prof. Dipl.-Ing. Andreas Fritzen (50) ist Architekt und Stadtplaner und lehrt am Masterstudiengang Städtebau NRW an der Hochschule Bochum

Unsere Mobilität wird bald so teuer werden, dass sie sich zwangsläufig verändern muss. In Metropolregionen, wie zum Beispiel in Berlin, ist die Zulassungszahl von PKW aktuell rückläufig. Neben dem Öffentlichen Personennahverkehr werden andere Modelle wie Car-Sharing immer wichtiger. Ökonomisch macht es überhaupt keinen Sinn, eine wertvolle Maschine wie das Auto täglich durchschnittlich nur 45 Minuten zu nutzen. Im Moment steht das Auto überwiegend rum und verbraucht Platz.

Ist Berlin mit dem Ruhrgebiet überhaupt vergleichbar?
Die Siedlungsstruktur des Ruhrgebiets unterscheidet sich tatsächlich von anderen Metropolen. Hier ist die Besiedlung zwar auch verdichtet aber es fehlt ein Zentrum wie in anderen Metropolen. Deshalb ist im Ruhrgebiet der motorisierte Individualverkehr ausgeprägter als in Berlin, München, Hamburg oder Köln. Die Versuche im Ruhrgebiet Car-Sharing anzubieten, sind nicht so erfolgreich wie in zentral gegliederten Großstädten. Den Ruhrgebietler muss man mehr überzeugen, auf sein Auto zu verzichten.

Spielt da auch ein psychologischer Faktor eine Rolle?
Das Auto bietet zunächst räumliche Abgrenzung von der Öffentlichkeit, auf die viele nicht verzichten können. Natürlich ist das Auto auch Statussymbol. Allerdings gibt es hierzu interessante Untersuchungen. Das Auto als Statussymbol rückt zunehmend in den Hintergrund. Andere Produkte wie Handys werden gerade bei jungen Leuten wichtiger.

Hilft eine Maut, um unser Verkehrssystem zu finanzieren?
Für den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur benötigen wir enorme öffentliche Mittel. Es wäre richtig, diejenigen zahlen zu lassen, die die Straßen intensiv nutzen. Der beste Weg wäre, den Individualverkehr zu verteuern, um den Öffentlichen Verkehr und Fahrradwege ausbauen zu können. Das Fahrrad ist das umweltfreundlichste Verkehrsmittel. In kleinen Städten wie Coesfeld gibt es mittlerweile ein vorbildliches Radwegenetz. Das Ruhrgebiet hat es wegen der geringen Zentrenausbildung auch hier schwerer. Man muss hier regional statt kommunal vorgehen. Das ist manchmal kompliziert. In Skandinavien gibt es zukunftsweisende Modelle. Für Radfahrer, die etwas längere Strecken bewältigen müssen, gibt es dort Fahrradautobahnen. Aber der Boom auf das Elektrofahrrad sorgt inzwischen dafür, dass dieses Verkehrsmittel auch hierzulande immer populärer wird.

Das Elektroauto löst nicht das Problem der verstopften Innenstädte?
Nein, dies ist sicher auch ein Grund, warum sich das Elektroauto noch nicht wirklich durchsetzen konnte. Das Elektroauto benötigt bei der Produktion viel Energie und Rohstoffe, es verbraucht ähnlich viel Raum wie herkömmliche Autos.

Wie sieht der Verkehr in der Zukunft aus?
Spannend ist die Entwicklung, dass sich die Verkehrsmittel miteinander vernetzen. Über mein Handy kann ich sehr schnell erfahren, welche Route für mich am besten ist, wenn ich ohne eigenes Auto von A nach B gelangen will. Wenn dieses Angebot noch mit Car-Sharing verknüpft wird, kann ich mich bequem auch bis hinein in ländliche Regionen bewegen.

Lutz Debus

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Moritz, 17.02.2014

Überheblich

Dass sich ein Professor ein Häuschen direkt neben der Uni leisten kann um dann ganz umweltbewusst mit dem E-Bike zur Arbeit fahren kann, ist mir klar. Dann kann man auch leicht sagen, dass wir keine Straßen mehr brauchen. Aber was ist mit dem Malocher, der nach der Schicht auf dem Ruhrschnellweg sein halbes Leben verbringt. Der Herr Fritzen ist einfach überheblich.

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