Die Abgeordneten unseres Landes müssen sich derzeit mit dem Thema Sterben und Tod auseinandersetzen, denn im nächsten Jahr soll ein Gesetzesentwurf zum Thema Sterbehilfe vorgelegt werden. Es ist eine schwierige Entscheidung zu einem sehr persönlichen Thema, das nicht nur politische, sondern auch gesellschaftliche und vor allem ethische Verantwortung in sich trägt. Dass sich in einer solchen Debatte über einen Eingriff in die Lebens- und Sterbenswelt der Bürger der Bundesrepublik die Geister scheiden würden, war zu erwarten.
Die Argumente gegen einen ärztlich assistierten Suizid in Deutschland sind mannigfaltig.
Befürchtet wird eine Entsorgung alter, behinderter oder sterbenskranker Menschen. Bei eventuellem Inkrafttreten eines Gesetzes, dass die Beihilfe zum Suizid legalisiert, erwarten die Gegner eine Welle von Selbsttötungen, die nicht einzuschätzen sei. Man möchte nicht Tür und Tor öffnen für Vereine, die Sterbehilfe als Dienstleistung verkaufen und hohe Preise für ihre vermeintliche Hilfe ansetzen. Der Druck von außen könnte die Sterbenden dazu bringen, freiwillig sterben zu wollen, weil sie sich als Last empfinden. In keinem Fall soll Patienten, die keinen Sinn mehr in ihrem Weiterleben erkennen können, keine andere Alternative als ein, wenn auch ärztlich assistierter, Suizid geboten werden. Stattdessen fordern diejenigen, die den ärztlich assistierten Suizid ablehnen, eine bessere Palliativmedizin, Schmerztherapie und Hospizbewegung. Ihrer Meinung nach sollen den Sterbenden die besten palliativmedizinischen und schmerztherapeutischen Maßnahmen zur Verfügung stehen und die Standards dafür in Deutschland weiter optimiert werden. Der Kern der Kritik an einem als Suizidhelfer fungierendem Arzt ist, dass Ärzte dem Leben, nicht dem Tod verpflichtet sind.
Was aber geschieht mit Patienten, die trotz aller Angebote und Möglichkeiten ihr Leben nicht mehr als würdevoll empfinden und deshalb leiden? Die nicht aufgrund von Depressionen, sondern einer gesunden Einschätzung der eigenen Lage ihr Leben nicht mehr leben wollen und sich stattdessen einen Tod in Würde wünschen? Schließlich ist die Würde des Menschen im Grundgesetz verankert. In der Bundestagsdebatte vom 13. November diesen Jahres zitiert der Abgeordnete der CDU/CSU Michael Brandt eine Aussage von Franz Müntefering: „Wer nimmt sich eigentlich das Recht, über Leben und Tod zu entscheiden?“ Die Antwort ist einfach: Dieses Recht sollte letztlich den Betroffenen selbst zugesprochen werden.
In einer Debatte um die Neuregelung der Sterbehilfe sollte es nicht um eine Entscheidung zwischen Ja und Nein gehen, sondern ausschließlich um das Wie.
Im US-Bundesstaat Oregon gibt es seit 1997 das „Gesetz über ein Sterben in Würde“. Seit Inkrafttreten dieses Gesetzes haben sich insgesamt 1173 Personen das Rezept für ein tödliches Medikament ausstellen lassen. Davon haben letztlich nur 752 Personen das Medikament tatsächlich eingenommen. Vielen Patienten schien alleine die Möglichkeit, zu einem selbstbestimmten Zeitpunkt aus dem Leben scheiden zu können, auszureichen.
An dieses Gesetz aus den Staaten lehnt sich auch der Gesetzesentwurf an, den vier medizinische Wissenschaftler aus Deutschland und der Schweiz bereits im August vorlegten. Ihrem Entwurf zufolge dürfen ausschließlich Ärzte Beihilfe zum Suizid leisten. Bestimmte Voraussetzungen müssen erfüllt sein. Der Patient muss volljährig sein und der Arzt nach Gesprächen sicher sagen können, dass der Patient freiwillig und nach reiflicher Überlegung handelt. Es muss eine tödliche Krankheit diagnostiziert worden sein, die innerhalb von sechs Monaten zum Tode führen wird. Der Arzt ist verpflichtet, den Patienten lebensorientiert über Palliativmedizin, Schmerztherapie und Hospizversorgung aufzuklären. Ein weiterer, unabhängiger Arzt muss hinzugezogen werden, der mit dem Kranken spricht, ihn untersucht und ein Gutachten anfertigt. Mangelhafte Behandlung einer psychischen Erkrankung, oder der tödlichen Krankheit selbst dürfen nicht vorliegen. Zudem müssen nach Gesprächen und dem vom Patienten geäußerten Wunsch nach Beihilfe mindestens zehn Tage bis zur Ausstellung eines Rezeptes über ein tödliches Medikament vergangen sein. Der Gesetzesentwurf befürwortet den Verbot von Sterbehilfevereinen und sonstigen Vereinigungen die Beihilfe anbieten.
Würde man diesem Gesetzesentwurf Folge leisten, wären viele Argumente gegen einen ärztlich assistierten Suizid entkräftet. Man hätte einen rechtlichen Rahmen geschaffen, der einem Missbrauch vorbeugt. Und Patienten dürften selbstbestimmt und frei eine Entscheidung treffen. Letztlich ist es auch das, was die Würde des Menschen ausmacht.
Aktiv im Thema
www.dghs.de
www.dgpalliativmedizin.de
www.dhpv.de
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