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Philippe de Chauveron (Mi.) erzählt von der Idee zum Film. Li.: Theateleiter Bernhard Wilmer
Foto: Lisa Mertens

Vier Hochzeiten und ein Traum

27. Juli 2014

„Monsieur Claude und seine Töchter“ in der Lichtburg Essen – Foyer 07/14

Essen, 24.7. - Ein Chinese, ein Muslim und ein Jude gehen in eine Kirche. Was wie der Anfang eines eher mittelmäßigen Witzes klingt, ist bei der Komödie „Monsieur Claude und seine Töchter“ humorvoller Ernst. Der Erfolgshit aus Frankreich karikiert ungezwungen rassistische Ressentiments und lockte mit seiner multikulturellen Warmherzigkeit bereits elf Millionen Zuschauer vor die französischen Leinwände. Auch in Deutschland wurde der Film heiß erwartet, weiß man doch spätestens seit „Willkommen bei den Sch'tis“ und natürlich „Ziemlich beste Freunde“, dass die Nachbarn ein Händchen für äußerst unterhaltsames Kino haben.

Am Tag des offiziellen Bundesstarts ließ das Seniorenkino, eine Veranstaltung der Lichtburg Essen in Kooperation mit dem Seniorenbeirat der Stadt Essen, die zweimal monatlich stattfindet, es sich nicht nehmen, den Regisseur Philippe de Chauveron zu der Vorstellung am Donnerstagnachmittag einzuladen. Theaterleiter Bernhard Wilmer und Ingeborg Schrader, Vorsitzende des Seniorenbeirats, waren sehr erfreut, Film und Regisseur ins Programm aufnehmen zu können. Wilmer bemerkte, dass es sehr außergewöhnlich sei, dass ein Film, der in den Bereich Arthouse gehöre, in Deutschland voraussichtlich eine Millionen Zuschauer verzeichnen werde. Und gemäß den Reaktionen während und nach dem Film in der gut gefüllten Lichtburg wird sich diese Zuschauerschätzung auch bewahrheiten.

Es wurde viel gelacht an diesem Nachmittag, sehr viel gelacht: Das konservative Ehepaar Verneuil verliert drei seiner vier Töchter an einen Chinesen, einen Muslim und einen Juden und muss nun die Gewohnheiten ihrer Schwiegersöhne über sich ergehen lassen. Beschneidung beiwohnen, chinesisches Essen zu sich nehmen und so konfliktträchtige Diskussionen wie Migration in Zusammenhang mit Kriminalität aussparen. Das Bemühen ist aus den Gründen des Anstandes vorhanden, doch ihren Unwillen können Monsieur und Madame Verneuil nur schwer verbergen. Man ist natürlich unter keinen Umständen Rassist, aber bitte die Jüngste soll doch wenigstens einen „richtigen“ Franzosen, möglichst noch einen Katholiken, heiraten. Und die Hoffnung scheint sich zu erfüllen. Der Zukünftige heißt zur Freude der Gaullisten Charles und ist sogar Katholik. Doch die Hoffnung zerschellt. Charles ist schwarz, stammt von der Elfenbeinküste und ist mit einem Vater gesegnet, der Monsier Verneuil an Ressentiments in nichts nachsteht. Doch nach allerlei Unruhe endet die Geschichte dort, wo die Realität in Frankreich wie auch in Deutschland noch hinterherhinkt: in einem einträchtigen Happy End, bei dem kleine Witze erlaubt sind und der Chinese mit dem Juden das Bio-Halal-Geschäft gründet.

Regisseur Philippe de Chauveron mit seiner Dolmetscherin vor der Lichtburg Essen. Foto: Lisa Mertens

Philippe de Chauveron, der nach Filmende begeistert gefeiert wurde, merkte an, dass in Deutschland an den gleichen Stellen gelacht werde wie in Frankreich. Die komischen Situationen scheinen länderübergreifend zu sein. Die Idee zum Film sei aus einem Zeitungsartikel geboren worden, der besagte, dass jede vierte Ehe in Frankreich interethnisch sei. Etwas in dem Franzosen Weltmeister seien. Die starke Zuwanderung werde dennoch zwiespältig gesehen. Er hingegen bewerte die Vielzahl der Gemeinschaften in Europa als positiv, ja wertvoll und wollte sie mit und in seinem Film ehren. Die Zuschauer stimmten ihm zu und forderten von ihm weitere Filme dieser Art. Ein neues Projekt sei bereits in der Planung, danach hoffe er, eine Fortsetzung dieses Films zu realisieren und dann die Lichtburg in drei Jahren erneut zu besuchen.

LISA MERTENS

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