Paul Durand-Ruel (1831 – 1922) war der erste Kunsthändler, der es sich zum Ziel machte, der jungen Künstlergeneration, die sich gegen den Akademismus wandte, zum Durchbruch zu verhelfen. Ein riskantes Unterfangen, das mehrere Jahrzehnte dauerte, ihn fast in den finanziellen Ruin trieb, doch schließlich von Erfolg gekrönt war. Das Musée de Luxembourg, die National Gallery London und das Philadelphia Museum of Art widmeten dem Kunsthändler vor Kurzem eine Ausstellung, in der die Entwicklung des Impressionismus und Durand-Ruels Rolle innerhalb dieser nachgezeichnet werden. Der Vermarkter der Impressionisten, der bisher im Hintergrund stand, rückt nun ins Zentrum. In den Interviews lässt Grabsky die Ausstellungsmacher und Nachkommen des Kunsthändlers von der Entwicklung der impressionistischen Bewegung und ihren Schwierigkeiten, auf dem Kunstmarkt Fuß zu fassen, berichten.
Anfänglich irritierte die impressionistische Kunst. Die flüchtig gemalten, unfertig wirkenden Bilder, deren Motive sich aus nebeneinander gesetzten Pinselstrichen generieren, konfrontierten die Zeitgenossen mit einem neuen visuellen Erlebnis. Die öffentliche Meinung über die Kunst, die das Momenthafte zum Thema machte und von religiösen und mythologischen Geschichten abließ, war gespalten. Während sich einige Kritiker begeisterten und die Bewegung mit positiven Rezensionen unterstützten, äußerten sich andere wiederum empört. Die harten Urteile der Zeitgenossen machten die Impressionisten zu Außenseitern des gängigen Kunstbetriebs. Oftmals vom Salon und damit vom Umschlagplatz der Kunst ausgeschlossen, organisierten die Maler ihre eigenen Ausstellungen, um ihre Werke der Öffentlichkeit näher zu bringen und zu verkaufen. Zwischen 1874 und 1886 fanden acht Ausstellungen der Künstler statt, die sich zur „Société anonyme des artistes peintres, sculpteurs, graveurs“ zusammen schlossen. Anlässlich der ersten impressionistischen Ausstellung (1874) schrieb Albert Wolff im Figaro: „Die Rue Peletier hat Pech. Nach dem Brand der Oper ist ein neues Unheil über sie hereingebrochen. Bei Durand-Ruel wurde eine Ausstellung sogenannter Malerei eröffnet. [...] Fünf oder sechs Wahnsinnige, darunter eine Frau, haben, vom Ehrgeiz verblendet, hier ihre Werke ausgestellt. Viele bekommen Lachkrämpfe vor diesen Machwerken.“
Mit dem Vorwurf des Wahnsinns wurde auch Paul Durand-Ruel konfrontiert, der zahlreiche Werke der modernen Künstler erstand und damit ein hohes Risiko einging. Denn verkaufen ließen sich die Arbeiten zu diesem Zeitpunkt noch nicht und Durand-Ruel verlor durch seine engagierte Unterstützung nicht nur fast sein gesamtes Vermögen, sondern ebenfalls das Vertrauen seiner Kundschaft. Dennoch ließ sich der Kunsthändler nicht beirren und vergrößerte seine Sammlung zunehmend. Die ersten impressionistischen Werke erstand er 1871 in London, wohin er vor dem Deutsch-Französischen Krieg geflohen war. Dort lernte er Monet und Pissarro kennen, die ebenfalls London als Exil wählten. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich machte der Kunsthändler Bekanntschaft mit weiteren Künstlern und erwarb auch deren Werke. Dabei kaufte er nicht nur ein oder zwei Gemälde, sondern en bloc. Während eines Besuchs bei Édouard Manet nahm er gleich alle Bilder mit, die sich im Atelier befanden. Mit seinen Ankäufen hat Durand-Ruel die Künstler, die sich teilweise in prekären Situationen befanden und nicht von ihrer Kunst leben konnten, wie zum Beispiel Monet und Renoir, vor der größten Not bewahrt: „Ohne ihn hätte ich nicht überlebt.“ So äußerte sich der Künstler Pierre-Auguste Renoir gegenüber seinem Sohn über Paul Durand-Ruel. Auf die Frage hin, ob er das Malen ohne die Unterstützung des Kunsthändlers aufgegeben hätte, antwortete Renoir: „ohne ihn wären die Fettaugen auf der Suppe noch spärlicher gewesen!“
Durand-Ruel hat sich mit großem Engagement für die moderne Malerei eingesetzt, er organisierte rund 200 Einzel- und Gruppenausstellungen, Auktionen, konzipierte Kataloge, um die Künstler zu vermarkten, dies jedoch zunächst mit wenig Erfolg. Dieser stellte sich erst ein, als er seine Sammlung dem amerikanischen Kunstpublikum präsentierte. 1886 brachte Durand-Ruel 300 Werke nach New York, die dort auf großes Interesse stießen. Die amerikanischen Sammler zeigten sich weitaus offener für die neue Kunst und waren zahlungskräftig.
Durand-Ruels Vermarktungsstrategien waren innovativ und wirken bis heute. Kunst wird hier erstmalig als Objekt der Spekulation gehandelt und mit der Wirtschaft verknüpft. Der moderne Kunsthandel war geboren und brachte nicht nur Vorteile mit sich, wie die Diskussionen der letzten Jahre zeigen. Bereits Renoir stand der Spekulation mit Kunstwerken kritisch gegenüber: „Heutzutage hängt man sich kein Bild, sondern einen Wertgegenstand in sein Zimmer.“
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