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Impression aus Nir de Volffs Produktion„Dancing to the End“
Foto: Emilien-Leonhardt

Keine Geheimniskrämerei

30. Oktober 2014

Die kommenden Tanz-Festivals setzen auf eine Charme-Offensive – Tanz in NRW 11/14

Ist der Tanz schon ein Fall für die Therapie-Couch? Jedenfalls kann ein wenig therapeutische Unterstützung bei der Überwindung von Tabus nicht schaden, und im Zeitalter der digitalen Kommunikation scheint der Bedarf nach Gesprächen, die Auge in Auge geführt werden, noch zuzunehmen. Deshalb wird in diesem Monat die tanzwissenschaftliche Sprechstunde eröffnet, die frei nach dem Motto: „Was sie schon immer über Tanz wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen oder zu sagen wagten...“ funktioniert. Das Festivaltanz.tausch (27.-30.11.) richtet diese Praxis mit der Tanzwissenschaftlerin Maren Zimmermann für sein Publikum ein, und wie Inga Haschke, eine der Organisatorinnen betont, „werden keine Tänzer oder Choreographen an diesen Gesprächen teilnehmen“. Dem Publikum soll sich die Chance eröffnen, frei seine Meinung zu äußern, „auch wenn das heißt, dass jemand sagt: ‚Was war das denn für ein Scheiß‘, dann ist das auch das okay“, erklärt Inga Haschke vorsorglich.

Zum vierten Mal findet der tanz.tausch in Köln statt, ein Festival, bei dem Kompanien aus dem Rheinland im Dialog mit Produktionen aus Sachsen, Brabant oder Berlin auftreten. In Workshops zeigt man sich gegenseitig, welcher Ästhetik man folgt. Unter den Choreographen befindet sich diesmal Nir de Volff. Aufgewachsen in Israel arbeitet der multimediale Künstler jetzt in Berlin und wird mit seiner Gruppe Total Brutal vom Bezirk Pankow unterstützt. Ein Ensemble, das kein Risiko scheut, wie etwa die Produktion „Dancing to the End“ beweist, in der die Todeserfahrung auf die Bühne gebracht werden soll.

Tanz verlangt nach Grenzgängen, das war schon immer so, weil diese Kunst als Erkenntnisinstrument eingesetzt werden kann. Extreme Erfahrungen auf der Bühne wollen auf unterschiedliche Weise mit dem Publikum geteilt werden. So gibt es zu jeder der Produktionen Einführungen, in denen die Künstler ihre Arbeitsweisen offenlegen. Da man heute kaum noch vorgegebenen Stücken folgt, ist darin oftmals schon die Substanz einer Produktion enthalten.

Es ist nur folgerichtig, dass CocoonDance in Bonn im Rahmen seines einmonatigen Festivals „Into the Fields“ ein Workshop-Programm anbietet, in dem „Working Methods“ vorgestellt werden oder Improvisation für Performer eingeübt werden kann. Der Blick in die Arbeitsprozesse schafft Verständnis für die Experimente des Modern Dance. Eröffnet wird am 20. November mit Karel Vaneks Choreographie „Machine of Desire“. Interessant dürfte auch Maura Morales Produktion „Sisyphus war eine Frau“ sein, in der die Prozesse von Scheitern und Wiederholung aus der Perspektive des weiblichen Überlebenskampfes betrachtet werden. Drei Monate vor der Premiere können die Besucher im Dezember kostenlos die Proben zur Bonner Produktion „What about Orfeo?“ besuchen. Auch hier kennt man keine Angst vor Didaktik, sondern sucht den Kontakt zur Außenwelt, damit die Kunst nicht zu einer weihevollen Geheimniskrämerei verkommt, die nur für Eingeweihte verständlich bleibt.

tanz.tausch | 27.11.-30.11. | Köln | www.tanztausch.de

„Into the Fields“ | 21.11.-20.12. | Bonn | www.theater-im-ballsaal.de & www.brotfabrik-theater.de

Thomas Linden

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