Frantz
Frankreich, Deutschland 2016, Laufzeit: 113 Min., FSK 12
Regie: François Ozon
Darsteller: Paula Beer, Pierre Niney, Ernst Stötzner
>> www.frantz.x-verleih.de
Bewegendes Bildungsmärchen
Der tote Soldat
„Frantz“ von François Ozon
Regisseur François Ozon hat auf seiner filmischen Wanderung schon mit so einigen Genres und Stilmitteln jongliert („8 Frauen“, „Swimming Pool“, „Jung & schön“). Dass sein Ideenreichtum noch lange nicht erschöpft ist, beweist auch sein neuestes Werk. Erstmals dreht er außerhalb von Frankreich. Erstmals dreht er zu einem großen Teil in deutscher Sprache. Erstmals dreht er in schwarzweiß. Bewährt indes bleibt dabei der Sinn des Filmemachers für gute Geschichten. Als Grundlage diente ihm diesmal ein Theaterstück von Maurice Rostand, das bereits Ernst Lubitsch 1931 verfilmte („Broken Lullaby“). Es war Lubitschs einziges Drama und, so Ozon, „sein größter Flop“. Ozon verschob für seine Adaption den Fokus auf die Protagonistin, hielt das Geheimnis eines Kriegsheimkehrers noch länger geheim und spann die Geschichte zudem noch weiter fort.
Aber fangen wir von vorne an. Und zwar im Jahre 1919. Die Witwe Anna (Paula Beer) wandelt in Trauer durch ihre Kleinstadt, ihr Verlobter Frantz ist im Krieg gefallen. Eines Tages beobachtet sie einen jungen Mann (Pierre Niney) dabei, wie er eine Blume auf das Grab ihres Geliebten legt. Der Mann, so stellt sich heraus, heißt Adrien, ist Franzose und war dem Getöteten tief verbunden. Er hat sich im Hotel des Ortes einquartiert und möchte die Eltern von Frantz kennenlernen. Um Erinnerungen auszutauschen. Um die Trauer um den geliebten Menschen zu teilen. Der Aufenthalt eines Franzosen in der deutschen Gemeinde weckt zugleich Unmut seitens der Besiegten, Adrien schlägt Groll entgegen. Zugleich gelingt die Annäherung an die Hinterbliebenen des toten Soldaten. Doch Adrien trägt noch ein tragisches Geheimnis in sich.
Zum einen will Ozon einen Film drehen über Kriegsverlierer. Über eine gedemütigte Nation, in der bereits das Zeug zu des Führers Volk brodelt. „Jeder Franzose ist der Mörder meines Sohnes“, sagt der Vater von Frantz, als Adrien bei ihm vorspricht. Und auch am Stammtisch schlägt sich zornig Unmut nieder. Dass im Folgenden zu oft heraufbeschworen wird, dass am Ende doch jeder Täter und Opfer dieses Krieges ist, verleiht dem Drama in der ersten Hälfte eine arg didaktische Note. Stark hingegen wird die Geschichte, wenn sich einstige Feinde an ihrer geteilten Liebe zu Frantz versöhnen. Wenn Paula sich endlich ihrem Verlust stellt und in ihre neue Sehnsucht wächst. Wenn Adrien sein Geheimnis lüftet.
Ozon bezeichnet seinen Film als Bildungsmärchen. Es erzählt die wundersam tragische Irrfahrt der jungen Witwe Anna durch Liebe, Tod und neue Hoffnung. Ummantelt mit leiser Traurigkeit, gebettet in freudloses Schwarzweiß. Nur gelegentlich, wenn sich aus der Traurigkeit schüchtern Zuversicht erhebt, in der Erinnerung, im Traum oder auch mal im Diesseits, gestattet Ozon der Welt ein wenig Farbe. Paula Beer („Das finstere Tal“) als verirrte, lebensmüde Witwe spielt betörend. Und vielleicht ist der Film etwas lang geraten, aber das macht ihn lange noch nicht schlecht.
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